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Heimsieg. Die Deutschen Leif Lampater (l.) und Marcel Kalz stehen ganz oben auf dem Podest.

© dpa

Berliner Sechstagerennen: Routine auf den Rängen

Der Generationswechsel beim Berliner Sechstagerennen funktioniert noch nicht auf allen Ebenen. Die Sieger Leif Lampater und Marcel Kalz waren am Ende dennoch zufrieden.

Schon 1000 Meter vor dem Ziel ballte Leif Lampater erstmals die rechte Faust. Mit zwei Runden Vorsprung waren er und sein Teamkollege Marcel Kalz in die Finaljagd beim 104. Berliner Sechstagerennen gegangen. Zweimal hatte das belgisch-spanische Verfolgerduo Kenny de Ketele und David Muntaner versucht, sie zu überrunden und sogar eine Runde gut gemacht. Und Lampater weiß, was es heißt, auf den letzten Metern noch zu verlieren: Im vergangenen Jahr hatte er die Führung fünf Minuten vor Schluss abgeben müssen. Doch als Lampater Kalz in die letzten zwei Runden schickte, war klar, dass es diesmal reichen würde. Die meisten der rund 12 000 Zuschauer saßen nicht mehr. Sie schrieen und klatschten, als Kalz, der Berliner, mit gestreckten Armen als Erster über die Ziellinie fuhr.

„Das Publikum hat uns getragen“, sagte Lampater später. Zufrieden zeigten sich auch die Rennverantwortlichen. „Es waren sechs runde Tage“, sagte Geschäftsführer Reiner Schnorfeil. „Wir haben begeisterte Radsportfans und tollen Sport erleben dürfen.“ Insgesamt kamen 73 500 Zuschauer an den sechs Renntagen in die Halle. Betrachtet man die Vorzeichen, unter denen dieses 19. Rennen im Velodrom gestartet war, kann man von einem Erfolg sprechen. Nachdem die Gema die Gebühren vervierfacht hatte, wurde auf Livemusik verzichtet. Dafür musste das Konzept der Veranstaltung umgebaut werden. So wurden etwa die Nachwuchs- und Frauenrennen stärker ins Hauptprogramm eingebaut. „Der Nachwuchs ist super angenommen worden“, sagte der Sportliche Leiter des Sechstagerennens, Dieter Stein.

Doch das Nachwuchsproblem dürfte weniger auf der Bahn als vielmehr auf den Rängen liegen: Während die meisten Sechstagefahrer im Schnitt Mitte, Ende 20 sind, ist der durchschnittliche Besucher jenseits der 50. „Viele jüngere Leute, die zum ersten Mal hier herkommen, schnallen überhaupt nicht, was hier abgeht“, sagt Ingo Engelhardt. „Diese ganzen Wettbewerbe mit den vielen Wertungen – das ist schwer zu verstehen. Und die Ticketpreise von bis zu 40 Euro können sich viele kaum leisten.“ Engelhardt stammt aus der sogenannten „Fixie-Szene“. Dort wird auf Fahrrädern mit starrem Gang (von englisch: fixed gear) und ohne Handbremse gefahren. Im Mai veranstaltet er im Rahmen des Berliner Velothon die erste Fixed-WM – eine Art Straßenrennen mit Bahnrädern. Es gebe bereits Gespräche für eine Zusammenarbeit mit dem Sechstagerennen, Fixie-Fahrer könnten im Rahmenprogramm auf die Bahn fahren. Auch Reiner Schnorfeil hat Interesse daran: „Wir müssen neue Zielgruppen erreichen und die Fixie-Szene ist eine boomende Bewegung.“

Zum Ende des Sechstagerennens gab es Gerüchte, dass Schnorfeil überlege, das Sechstagerennen zu verkaufen. Das dementierte er am letzten Abend noch einmal: „Ich will nicht verkaufen.“ Vielmehr träume er weiterhin von einer Serie mit mehreren Sechstagerennen in verschiedenen Städten. Bis Juni hat Schnorfeil die Option, den Vertrag fürs Berliner Sechstagerennen über 2017 hinaus um fünf Jahre zu verlängern. „Das habe ich auch immer noch vor.“

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