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Sport: Berliner Sixdays: Weder Alibi noch Abstellgleis

Beim Italiener im Velodrom ging es in der Nacht zum Mittwoch hoch her. Otto Ziege, der 74-jährige Sportliche Leiter des 90.

Beim Italiener im Velodrom ging es in der Nacht zum Mittwoch hoch her. Otto Ziege, der 74-jährige Sportliche Leiter des 90. Berliner Sechstagerennens, tanzte mit seiner Frau - wie viele andere auch - bis in die frühen Morgenstunden. Die Stimmung wollte er sich auf keinen Fall vermiesen lassen, auch nicht, nachdem er die im Velodrom verteilte "Bild"-Zeitung gelesen hatte. "Ich habe zu meiner Frau nur gesagt, dass sie darin nicht lesen solle. Wir hatten ein so wunderbares Sechstagerennen, und den Abschluss wollte ich dadurch nicht trüben lassen." Für ihn war das Thema eigentlich auch längst erledigt, nachdem Veranstaltungschef Heinz Seesing auf der offiziellen Bilanz-Pressekonferenz verkündet hatte: "Otto Ziege bleibt auch in den kommenden Jahren der Sportliche Leiter beim Berliner Sechstagerennen. Einen besseren Partner kann ich mir nicht wünschen." Doch genau das Gegenteil stand in der Zeitung.

Dass alles letztlich beim Alten bleiben wird, der tatsächlich angedachte Wechsel auf diese Position von Seesing nicht vollzogen wurde, war auf die klare Aussage des Berliner Idols zurückzuführen. "Ich habe ihm mitgeteilt, dass ich mich gesundheitlich bestens fühle, viel Spaß an dieser Aufgabe habe und letztlich der Radsport mein Leben ist. So konnten seine Gedanken, mit einem Höhepunkt nach fünf Jahren im Velodrom abzutreten, nicht auch meine sein. Und Heinz Seesing hat meine Auffassung respektiert, uns weiterhin eine gute Zusammenarbeit gewünscht", beschreibt Otto Ziege das Hickhack vor dem großen Finale.

Heinz Seesing erzählte zwar zuvor noch, dass es "einige Bewerbungen für die Position des Sportlichen Leiters gäbe", aber dass er beispielsweise dem einstigen Weltklassefahrer Dietrich Thurau einen freundlichen Absagebrief geschrieben habe. Dennoch bleibt der bittere Beigeschmack nach dem erfolgreichen Sechstagejubiläum in Berlin, dass wohl hinter den Kulissen längst ein Gerangel um den Platz von Ziege begonnen hat. Um die Position jenes Mannes, der selbst 43 Sechstagerennen bis 1956 im Sportpalast bestritt, danach als Sportlicher Leiter im Sportpalast, der Dortmunder Westfalenhalle, der Deutschlandhalle sowie nun im Velodrom mehr und mehr Kultstatus erreichte - und das nicht mit Selbstdarstellung, sondern mit Kompetenz. Es stellt sich die Frage, wer ihn überhaupt ablösen könnte? Doch noch kann diese Frage unbeantwortet bleiben. "Mein Platz ist bei den Fahrern", versichert Ziege, "auch wieder im Januar 2002."

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