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Sport: Berliner Verbindlichkeiten

Manager Dieter Hoeneß verteidigt vor Herthas Mitgliedern das umstrittene Finanzkonzept des Klubs

Berlin - Allem Anfang wohnt ein Zauber inne. An diesem Abend gilt diese weit verbreitete Gewissheit nicht, die Mitgliederversammlung des Fußball-Bundesligisten Hertha BSC beginnt turbulent. Hertha-Mitglieder mit den Anfangsbuchstaben L und A haben keine Stimmkarten, andere Zuhörer fühlen sich nicht hinreichend über Satzungsänderungsanträge und deren juristische Einschätzung informiert – und dann ist da noch „dieses Schreiben eines Herren Sutinger“, wie Herthas Präsident Bernd Schiphorst ungehalten referiert. Der Misstrauensantrag gegen den gesamten Aufsichtsrat sei, sagt Schiphorst, nicht satzungsgemäß eingegangen, weil einer der Antragssteller seine Mitgliedsbeiträge nicht gezahlt habe. Zu diesem Zeitpunkt droht Tagungsleiter Schiphorst die Kontrolle über die Sitzung zu entgleiten – es wird gepöbelt, es wird gebuht und applaudiert, ein bisschen so wie an einem Samstagnachmittag im Olympiastadion. Dann aber stimmen die Mitglieder darüber ab, ob der Misstrauensantrag gegen den Aufsichtsrat überhaupt in die Tagesordnung aufgenommen werden soll: Nur 190 von 854 stimmberechtigten Mitgliedern sind dafür, das ist ein schwerer Schlag für die Opposition. Eine Zweidrittel-Mehrheit wäre nötig gewesen, die gereizte Stimmung ebbt ab.

Nach einer fünfzigminütigen Debatte über die Tagesordnung geht es schließlich los. Der kürzlich zum Vorsitzenden des Aufsichtsrates gewählte Werner Gegenbauer hält eine kurze Ansprache, er dankt seinem Vorgänger Rupert Scholz – der Applaus für den ehemaligen Verteidigungsminister fällt dürftig aus. Scholz hatte vor der letzten Mitgliederversammlung vor einem halben Jahr mit einem verunglückten Fernsehauftritt im Zusammenhang mit dem Schuldenstand des Berliner Klubs Verwirrung gestiftet.

Vor dem brisantesten Teil des Abends wird ein kurzes Video mit Hartmut Mehdorn eingespielt. Der Chef der Deutschen Bahn erzählt von dem Sponsorenvertrag, den sein Unternehmen für drei Jahre mit Hertha eingegangen ist. Danach tritt Manager Dieter Hoeneß auf das Podium und verteidigt die Finanzpolitik des mit 44,12 Millionen Euro verschuldeten Klubs. Hoeneß spricht das in den vergangenen Tagen beherrschende Thema an, er gibt den Mitgliedern gegenüber erstmals zu, was sie zuvor nur in der Zeitung gelesen hatten: Hoeneß und Herthas für Finanzen zuständiger Geschäftsführer Ingo Schiller haben dem Klub 510 000 Euro ihres Gehaltes gestundet, als Teil des Finanzkonzeptes, das Hertha im März mit seinen Gläubigern ausgehandelt hatte. „Wir haben das als Zeichen, nicht aus Notwendigkeit getan“, sagt Hoeneß. Herthas wohl kritischstes Mitglied, der Wirtschaftsprüfer Otto Schulz, bezweifelt diese Darstellung. „Das war eine klare Erpressung durch die Banken“, sagt er. Schulz wirft der Vereinsführung Verharmlosung der finanziellen der Lage vor.

Hoeneß stellt in seinem Saisonrückblick das Finanzkonzept als Erfolg heraus, nach dem Hertha in Zusammenarbeit mit drei Banken einen Teil (30 Millionen Euro) der kurzfristigen Verbindlichkeiten in langfristige umwandeln konnte. Bis 2010 sollen 15 Millionen dieser Verbindlichkeiten abgebaut werden. Die höher als erwartet ausgefallenen Verluste in der laufenden Saison erklärt der Klub mit einer schlechter als erwartet gelaufenen Vermarktung der Logen und Business-Seats im Olympiastadion.

Schiller ergänzt in seiner Rede weitere Einzelheiten: Einnahmen von 62,3 Millionen Euro stünden in diesem Jahr Aufwendungen von 63,6 Millionen Euro gegenüber. Liege Hertha aber im mit den Banken bis 2010 ausgehandelten Finanzierungsplan, könne der Klub bis dahin seine Gesamtverbindlichkeiten auf 20,1 Millionen Euro verringern – vor allem wegen der deutlich höheren Fernseheinnahmen, die Hertha statt 13,9 Millionen Euro im Jahr künftig rund 20 Millionen Euro einbringen sollen.

Nach dem Plan Schillers soll Hertha demnach in der Saison 2009/10 13 Millionen Euro Gewinn erzielen – Voraussetzung dafür sei, dass der Klub in den kommenden Spielzeiten jeweils 50 Punkte hole, Platz sieben erreiche und jeweils zwei Runden im DFB-Pokal absolviere. Transfererlöse und das Erreichen des internationalen Geschäfts seien nicht Bestandteil des Konzepts.

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