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Alba: Ende einer Mannschaft

Trainer und Spieler sind geschockt – das Team steht vor einem Neuanfang. Wie Albas Basketballer mit dem Debakel umgehen

Berlin - Zaghaft klatschten sie den Fans zu. So, als wüssten Alba Berlins Basketballprofis selber nicht, ob das eine angemessene Reaktion sei. 71:93 (35:41) im dritten Play-off-Viertelfinale gegen die Artland Dragons Quakenbrück – darf man nach einem Saisonende, das Sensation, Blamage und Demütigung in einem war, fassungslosen Fans noch zuklatschen? Die Unsicherheit von Johannes Herber, Sharrod Ford und Philip Zwiener war berechtigt. Viele der 8861 Fans in der Max-Schmeling-Halle antworteten am Pfingstsonntag mit Pfiffen. Nur aus dem Block mit den treuesten Fans ertönte Applaus und trotziges Getrommle – unweit eines Transparents mit der Aufschrift „Jetzt ... muss EINER geh’n“.

Vielleicht hatten sie den Trainer im Sinn, Henrik Rödl. Der sprach mit brüchiger Stimme von „einem der bittersten Abende, die ich im Basketball erlebt habe“. 1993 kam er zu Alba, als der Klub gerade zum einzigen Mal in der Vereinsgeschichte in der ersten Play-off- Runde gescheitert war – bis zum Sonntag. Erstmals schied nun der Vorrundenerste gegen den Achten aus, und das war Alba gegen Quakenbrück. Unter Rödl, der langjährigen Identifikationsfigur, ist Alba wieder ganz unten angekommen.

Dafür, dass das Team seine Leistungsfähigkeit in den Play-offs nicht abrufen konnte, „trage ich die Hauptverantwortung“, sagte Rödl. „Ich stehe zur Verfügung, so lange der Verein mich braucht.“ Im Pokal scheiterte Alba im Viertelfinale am späteren Sieger Rhein Energie Köln, einzig im Uleb-Cup wurde das Saisonziel erreicht: die Mannschaft qualifizierte sich erstmals nach Jahren wieder für das Achtelfinale und scheiterte dort am späteren Sieger Real Madrid. Das erklärte Ziel war die Rückkehr in die Europaliga. In der nächsten Saison darf Alba nun möglicherweise nicht einmal im zweitklassigen Uleb-Cup antreten, sondern nur im drittklassigen Euro Cup.

86:87, 84:98 nach 17-Punkte-Führung und nun ein 71:93 in eigener Halle: Es ging immer tiefer bergab in der vergangenen Woche. 15:9 führten die Gastgeber im dritten Spiel und schienen endlich den bedingungslosen Kampf anzunehmen, doch nach der Pause waren sie nur noch Statisten. Alba konnte zwar im Gegensatz zu den ersten beiden Spielen das Reboundduell fast ausgeglichen gestalten, hatte aber die deutlich schwächere Wurfquote. Zudem glänzten die brillanten Quakenbrücker erneut mit zehn erfolgreichen Dreipunktewürfen, Alba schaffte nur drei.

Bei der Ursachensuche taten sich die Berliner im Moment des Schocks schwer. „Ich habe noch nicht so viele Antworten“, sagte Nationalspieler Johannes Herber. „Wir wissen, dass wir mannschaftlich besser sind, aber wir haben es nicht gezeigt“, sagte Demond Greene. „Der Fehler war vielleicht, dass im ersten Spiel bei uns Motivation, Lust und Ehrgeiz zwar da waren, dass sie bei Quakenbrück aber ein Stück ausgeprägter waren“, grübelte er. Drei Spieltage vor Hauptrundenende stand Alba als Erster fest, die letzten Spiele waren bedeutungslos. „Wir haben unseren Rhythmus in den vergangenen Wochen komplett verloren“, sagte Rödl, der „den Hut zog vor Artlands unglaublich hohem Niveau“.

Es klang nicht wie eine billige Entschuldigung, aber unerwähnt wollte Rödl es nicht lassen, „dass die Hälfte des Teams hinkend auf und ab gelaufen ist“. Chris Owens (Fersenverletzung) war zwar am Sonntag mit 16 Punkten Topscorer, überzeugte aber in den Spielen zuvor nicht. Spielmacher William Avery, der sich am Donnerstag am lädierten Knie (Patellasehnenreizung) erneut verletzt hatte, „war am Sonntag ein Schatten seiner selbst“, wie Rödl sagte. „Er hat sich die zwei Tage zwischen den Spielen kaum bewegt und Medikamente genommen. Er hat versucht, den Schmerz zu überspielen, aber er war langsam.“ Kein anderer übernahm durchgehend die Verantwortung, kein Einzelner ragte heraus, aber auch als Gesamtgefüge hatte Alba Quakenbrück nichts entgegenzusetzen.

Die Mannschaft wird zumindest in Teilen auseinanderfallen, wobei die Leistungsträger Johannes Herber, Koko Archibong und Julius Jenkins einen Vertrag für die kommende Saison haben. Chris Owens kann bleiben, sofern er selber dies will. Finanziell bleibt Alba wohl ein völliger Einbruch erspart. Das zumindest kündigte Axel Schweitzer an, Mitinhaber des Hauptsponsors Alba und gleichzeitig Sprecher des Aufsichtsrats der Alba Berlin Basketballteam GmbH. Die Umwandlung der Profimannschaft in eine GmbH 2005/2006 sei geschehen, um Stabilität zu schaffen. „Die GmbH gibt uns Spielraum, um für die nächste Saison planen zu können. Diese Situation wird Alba nicht kaputt machen.“

Helen Ruwald

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