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Auf unserer Berlin-Sport-Seite werfen wir regelmäßig einen Blick auf den Berliner Fußball.

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Berliner Oberligisten im Zwischenfazit: Türkiyemspor stürzt ab, Union-Reserve strebt nach oben

Was tut sich im Berliner Fußball hinter den Aushängeschildern Hertha und Union? Von insolventen Absteigern und hoffnungsvollen Aufsteigern - die Hinrunde der Berliner Oberligisten im Zwischenfazit.

Durch die bevorstehende Strukturreform der Regionalligen befindet sich auch die NOFV-Oberliga Nord in einem Übergangsjahr. Mehr Aufstiegsplätze als gewohnt bei nur einem Abstiegsplatz haben viele Klubs vor der Saison dazu verleitet, zumindest mit einem Auge auf ein Regionalliga-Ticket zu schielen. Denn schon der vierte Platz könnte unter Umständen zum Aufstieg berechtigen.

Nach einem halben Jahr kann sich von den Berliner Oberliga-Vertretern nur noch die Reserve des 1. FC Union berechtigte Hoffnungen machen. Die Köpenicker, erst vor anderthalb Jahren aus der Berlin-Liga aufgestiegen, überwintern auf dem dritten Platz und könnten im nächsten Jahr, zumindest was die zweite Mannschaft angeht, auf Augenhöhe mit zahlreichen Bundesligisten stehen. Nach dem erfolgreichen Etablieren der Profis in der zweiten Bundesliga ein nächster, wichtiger Entwicklungsschritt für den Klub von der Alten Försterei.

Viktoria im Soll, Dynamo enttäuscht

Oberliga-Neuling BFC Viktoria schlägt sich ebenfalls beachtlich, auch wenn der Rückstand auf Platz Vier schon zehn Punkte beträgt. Laut Trainer Thomas Herbst wären auch mehr Punkte möglich gewesen, doch als Aufsteiger "hat man natürlich mit so manchen Kinderkrankheiten zu kämpfen". Der wohl prominenteste Viktoria-Kicker, Michael Fuß, wurde indes im Laufe der Hinrunde aussortiert, weil er ohne Genehmigung seines Klubs für P&G Gillette in der Betriebsliga aufgelaufen war. Seitdem spielt er für Viktorias Zweite in der Bezirksliga und wird sich im Winter wohl nach einem neuen Verein umschauen.

Bei Viktoria, das sich mittelfristig als dritte Kraft im Berliner Fußball etablieren will, war sein Ausfall allerdings nicht weiter dramatisch, gerade gegen Ende der Hinrunde erzielten die Tempelhofer beachtliche Ergebnisse. "In der Rückrunde wollen wir uns noch weiter entwickeln und auf jeden Fall mehr Punkte holen. Den vierten Platz haben wir auch noch nicht ganz aus den Augen verloren", sagt Coach Herbst. Auch wenn der Aufstieg nicht schon in diesem Jahr gelingen muss und die Anlaufschwierigkeiten eine Etage weiter oben sicherlich nicht kleiner werden dürften, so würde sich Herbst nach eigener Aussage "auch nicht dagegen wehren", wenn am Ende dieser Spielzeit doch noch das Regionalliga-Ticket gelöst werden könnte. "Vielleicht bricht da vorne ja noch jemand ein", hofft der Viktoria-Trainer.

Beim ambitioniert gestarteten BFC Dynamo dagegen muss die Hinrunde als blanke Enttäuschung verbucht werden. Dem Rückschlag durch die Ausschreitungen vom DFB-Pokal zu Saisonbeginn folgte auch sportlich ein unerfreulicher Start in die Oberliga-Saison, obwohl nicht wenige den BFC vorher als Mitfavoriten gesehen hatten. Dann wanderte Trainer Heiko Bonan nach Saudi Arabien ab, sein Nachfolger Igor Lazic holte aus elf Spielen nur vier Siege bei teilweise erschreckend harmlosen Auftritten, schrammte im Berliner Pokalwettbewerb äußerst knapp an einer Blamage gegen Landesligist Köpenicker SC vorbei und wurde nach nur dreimonatiger Amtszeit am 5. Dezember wieder entlassen. Interimstrainer Renè Gritschke holte zum Jahresausklang immerhin drei Punkte gegen Schlusslicht Lichterfelde, der Zug in Richtung Regionalliga dürfte zumindest für diese Saison aber längst ohne die Hohenschönhausener abgefahren sein. Immerhin, im Pokal ist man noch dabei und hat in der Runde der letzten 32 am kommenden Samstag mit dem FV Wannsee aus der Bezirksliga einen vermeintlich leichten Gegner.

Kellerkind Lichterfelde profitiert von Türkiyemspor-Konkurs

Abgeschlagen am Tabellenende mit vier Punkten und ohne Sieg steht der Lichterfelder FC, was bei den Südberlinern aber erwartungsgemäß keinerlei Nervosität auslöst. Trainer Peter Heinrich spricht von "absoluter Ruhe" im Verein, auch sei die Situation von Beginn an allen Beteiligten klar gewesen, vom Vorstand bis zu den Spielern. "Dass wir nicht mal einen Sieg herausgeholt haben ist natürlich trotzdem etwas enttäuschend. Aber bei uns geht es vor allem um die Ausbildung und Entwicklung der jungen Spieler, außerdem waren trotz der mageren Ausbeute auch durchaus respektable Auftritte dabei", sagte der LFC-Coach dem Tagesspiegel.

Trotz des Acht-Punkte-Rückstands auf den vorletzten Platz wird der dienstälteste Berliner Oberligist aber auch in der nächsten Saison aller Voraussicht nach fünftklassig bleiben. Grund hierfür ist das neuerliche Chaos beim Liga-Konkurrenten Türkiyemspor. Die Kreuzberger haben Insolvenz beantragt, womit sicher sein dürfte, dass der Klub im nächsten Jahr keine Oberliga-Lizenz erhält. Der einzige Abstiegsplatz ist damit vergeben, Lichterfelde kann weiter mit der Oberliga planen. Die spannendere Frage ist eher noch die, ob die Saison bei Türkiyemspor überhaupt zu Ende gespielt werden kann, da in der Winterpause mit einer Spielerflucht gerechnet werden muss.

Schon Mitte der Hinrunde musste die Reißleine gezogen und Trainer Marko Gebhardt sowie eine Handvoll teurer Spieler abgegeben werden. Danach feierte der einstige Vorzeige-Kiezklub zwar noch einmal einen Achtungserfolg mit einem Sieg über den BFC Dynamo, doch seitdem taumeln sie mit Interimstrainer und Rumpftruppe von Niederlage zu Niederlage. In den letzten sechs Spielen vor der Winterpause gab es keinen einzigen Punkt und 4:24 Tore, eine Reihe A-Junioren musste aushelfen, selbst trainiert wurde zuletzt nur sehr unregelmäßig. Die Verbindlichkeiten in Höhe von insgesamt ca. 500.000 bis 600.000 Euro zwingen den Klub zu einem umfassenden Neuanfang, bei dem das Hauptaugenmerk laut dem Türkiyemspor-Vorstand auf den Erhalt der Jugendabteilung gelegt werden soll. Die erste Mannschaft wird sich wohl für die nächsten Jahre in den unteren Ligen konsolidieren müssen.

Was passiert in den höheren Ligen?

Für Union II und die weiteren Spitzenteams bleibt neben den Blick auf die Konkurrenz auch der auf andere Vereine in den oberen Ligen. Die Zahl der endgültigen Aufstiegsplätze hängt unter anderem auch davon ab, ob die abstiegsbedrohten Jena und Chemnitz in der dritten Liga den Klassenerhalt schaffen, ob RB Leipzig der Aufstieg dorthin gelingt, und nicht zuletzt auch davon, ob Hansa Rostock aus der Zweiten Bundesliga absteigt. In diesem Fall nämlich dürfte die zweite Mannschaft der Hanseaten nicht in die Regionalliga aufsteigen, dabei überwintert die Hansa-Reserve als Tabellenführer in der Oberliga-Nord. Es könnte also sein, dass der Meister am Ende unten bleibt und dafür der Viertplatzierte nachrückt, was wiederum die Hoffnung von Viktoria weiter steigert.

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