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Ihr großer Tag. Der 4:0-Sieg gegen die TSG Hoffenheim ist bisher der Höhepunkt in der Vereinsgeschichte des Berliner Athletik Klubs.

© Ottmar Winter

DFB-Pokal: Beim Berliner AK schippt der Chef noch selbst

Der Berliner AK tritt als Überraschungsteam heute wieder im DFB-Pokal gegen 1860 München an. Der Klub war lange marode – bis ein Selfmade-Man aus Anatolien kam.

Türkisches Gebäck duftet im Presseraum und Mehmet Ali Han schaut zufrieden. Zeit, ein Stück zu genießen, hat er aber nicht. Hektik prägt die Szenerie, deutsche und türkische Stimmen durchdringen die Räumlichkeiten und vermischen sich zu einem schwer zu entschlüsselnden Sprachgewirr. Kaum hat der Präsident des Berliner Athletik Klubs ein Interview beendet, muss er ein neues beginnen. Gut eine Stunde dauert das Ganze.

„Am liebsten würde ich mich hinter einem Vorhang verstecken und gar nichts sagen“, erzählt Han hinterher. Dabei lächelt er. Wahrscheinlich mag er sich selbst nicht so recht zu glauben. Han scheint die Aufmerksamkeit zu genießen, die ihm und den Fußballern vom BAK dieser Tage zuteil wird. Warum auch nicht? Sie alle haben es sich verdient.

Heute Abend spielt der BAK im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark gegen 1860 München (ab 19 Uhr im Live-Ticker bei Tagesspiegel.de). Es ist die zweite Runde im DFB-Pokal, und dass die Berliner in diesem Wettbewerb noch dabei sind, ist mehr als eine Überraschung. Als Berliner Pokalsieger wurde ihnen in der ersten Runde Bundesligist TSG Hoffenheim zugelost. Vierte Liga gegen Bundesliga, das ist meist eine klare Angelegenheit. So war es am Ende auch. Nur eben mit vertauschten Rollen. Der BAK gewann 4:0, nie hatte ein Viertligist eine Bundesligamannschaft im DFB-Pokal höher geschlagen. Oder besser: gedemütigt. Der 18. August 2012 ging in die Geschichte des Wettbewerbs ein.

Auf einmal waren die Spieler und der Trainer angesagt. Doppeltorschütze Metin Cakmak wurde nach dem Spiel per Hubschrauber ins „Aktuelle Sportstudio“ geflogen, Kevin Kruschke bekam pausenlos Mikrofone vor das Gesicht gehalten, und Trainer Jens Härtel musste erklären, mit welch außergewöhnlichem Training er seine Mannschaft in eine solche Form gebracht hatte.

Han ist seit 2008 zum zweiten Mal Präsident

Mehmet Ali Han, 47 Jahre alt, kleine, schmale Statur, lief unmittelbar nach Spielschluss wie aufgezogen durch die Katakomben des Poststadions, sein Telefon am Ohr, und hyperventilierte mehr, als er sprach. Seine Stimme überschlug sich, was bei ihm schon mal vorkommt, wenn er in Rage ist. Ob aus Freude oder Wut, spielt da keine Rolle.

Han ist die bestimmende Figur beim BAK, er hat die jüngere Vergangenheit geprägt. Der Weddinger Traditionsklub stand in den vergangenen Jahren nicht selten vor der Pleite. Besonders schlimm wurde es nach einer missglückten Kooperation mit dem türkischen Erstligisten Ankaraspor, 70 000 Euro Schulden drückten den Verein. Die Summe ist laut Han inzwischen beglichen. Ein Teil des Geldes kam von ihm, seine Baufirma mit Sitz in Hennigsdorf gehört seit zehn Jahren zu den Sponsoren.

Mehmet Ali Han.
Mehmet Ali Han.

© picture alliance / dpa

So lange ist Mehmet Ali Han schon beim BAK. Seit 2008 ist er dort zum zweiten Mal Präsident. Er hat aus einem maroden Oberligisten einen prosperierenden Regionalligisten gemacht, der sich in Zukunft als Nummer drei in Berlin hinter Hertha BSC und dem 1. FC Union behaupten will. Vor nicht allzu langer Zeit hat Han dafür noch viele Stunden täglich auf der Geschäftsstelle zugebracht. Spielerkäufe, Trainersuche, Stadionumbau – alles regelte er selbst. „Das war zu viel“, sagt Han. Er stellte Leute ein, die sich hauptamtlich um solche Dinge kümmern, etwa Manager Erdogan Dogan. Trainer Jens Härtel ist inzwischen schon das zweite Jahr für die Mannschaft verantwortlich. Es gab mal eine Zeit, da hielten Trainer beim BAK keine zwei Wochen durch. „Der Verein soll eine Struktur bekommen, so dass er auch ohne Mehmet Ali Han funktioniert“, sagt Han.

Loslassen fiel ihm trotzdem schwer. Han ist ein klassischer Selfmade-Man. Mit 16 kam er 1981 aus Anatolien nach Deutschland, seine Sprachkenntnisse waren anfangs so schlecht, dass ihm während seiner Lehre der Rausschmiss drohte. Han biss sich durch, kurz nach der Wende machte er sich selbstständig. „Mit meinem Bruder und einer Schippe“, erzählt er. Heute beschäftigt sein Unternehmen über 100 Mitarbeiter, der Umsatz liegt im siebenstelligen Bereich.

So viel Geld hat der BAK im DFB-Pokal noch nicht eingenommen, aber die bisher gut 300 000 Euro sind für den Viertligisten mehr als eine nette Nebeneinkunft. Han will die Summe nicht in die Mannschaft investieren, sondern in die Vereinsstruktur. „Daran denken wir morgen, heute wollen wir erst einmal das Spiel gegen 1860 genießen“, sagt Han. Vielleicht sogar mit einem Stück türkischen Gebäcks. Wenn er denn dazu kommt.

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