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Sport: Feier ohne Familie

Eishockey-Oberligist BSC Preussen überrascht mit vielen Siegen und ungewöhnlicher Öffentlichkeitsarbeit

Es gibt Dinge, über die Andreas Brockmann lieber reden würde. Über die sensationelle Siegesserie zum Beispiel, die seine Mannschaft in der Eishockey-Regionalliga Nord/Ost vorweisen kann. 21 Ligaspiele hat der Berliner Schlittschuh-Club (BSC) „Preussen“ hintereinander gewonnen. Das letzte gestern: Vor 1414 Zuschauern in der Deutschlandhalle ließen die Berliner den Blue Lions Leipzig keine Chance und siegten 5:0 (4:0, 0:0, 1:0). Nach mäßigem Start ist die Mannschaft nun Tabellenzweiter, das Team wird sich für die am 25. Februar beginnende Meisterschaftsrunde qualifizieren und hat damit gute Chancen, in die Zweite Liga aufzusteigen.

Doch immer wieder wird Trainer Brockmann auf diese eine Geschichte angesprochen. Einige seiner Spieler waren Mitte Januar auf die Titelseite der Boulevardzeitung „B.Z.“ gelangt. „Heiße Sex-Party in Preussen-Kabine“, lautete die Schlagzeile. Auf dem dazugehörigen Bild ist Kotrainer Dave Rich zu sehen. Er sitzt auf einem Stuhl, vor ihm steht eine halbnackte Stripperin. Im Hintergrund hockt ein halbes Dutzend Spieler – breitbeinig, betont männlich. Trainer Brockmann wusste von der Stripparty nichts.

Die Titelstory erreichte viele Berliner, auch solche, die die „B.Z.“ normalerweise nicht lesen. Denn ausgerechnet an diesem Tag verteilte der Verlag viele Zeitungen kostenlos an Passanten. BSC-Geschäftsführer Michael Walter ist die Sache durchaus recht. „Das war gute Publicity“, sagt er. Zwar war den Klubverantwortlichen nicht bewusst, dass der Artikel auf Seite eins erscheinen würde, die Wirkung aber war beabsichtigt. „Die Leute reden über uns, das ist doch eine gute Sache“, findet Walter. In einer Zeit, in der andere Klubs wie die Hamburg Freezers oder die Kölner Haie Eishockey auch als Familiensport begreifen, könnte diese Art der Öffentlichkeitsarbeit indes weniger gut ankommen. Einen Imageschaden fürchtet Walter aber nicht: „Wir sind ein Klub für die gesamte Gesellschaft. Wir wollen nicht nur elitäres Publikum ansprechen. Und auch Familien können bedenkenlos zu uns kommen.“

Für sportlich interessierte Fans ist ohnehin wichtiger, was auf dem Eis passiert. Und das ist bemerkenswert. Die Mannschaft ist deutlich stärker als die des Vorgängerteams Berlin Capitals vor zwölf Monaten. Es hat sich ausgezahlt, dass Brockmann die junge Mannschaft durch erfahrene Spieler ergänzt hat. „Mit zwei oder drei weiteren Verstärkungen können wir auch in der Zweiten Liga bestehen“, sagt der Trainer, dessen Vertrag sich nur im Fall des Aufstiegs verlängert.

Im Aufstiegsfall könnte sich der Etat durch zusätzliche Werbe- und Zuschauereinnahmen von 750 000 auf rund eine Million erhöhen. Seit einigen Wochen ist zudem von einem mysteriösen Investor aus den USA die Rede. Der angebliche Multimillionär ist vor 20 Jahren ausgewandert. Nun wolle er den Preussen wieder zu altem Ruhm verhelfen, heißt es. Im Januar war der mögliche Geldgeber bereits in Berlin. Sportdirektor Köpf reiste zu Verhandlungen sogar in die USA – bisher allerdings ohne Ergebnis. Einen prägnanten Namen für künftige Schlagzeilen hat der geheimnisvolle Millionär bereits: „Florida-Olli“.

Steffen Hudemann

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