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An die Schläger: Am Samstag startet die Meisterschafts-Endrunde in der Max-Schmeling-Halle. Foto: dapd

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Hallenhockey: Drinnen ist's am schönsten

Der Hallenhockeysport spielt im Vergleich zum Feldhockey in Deutschland immer noch eine untergeordnete Rolle – doch warum eigentlich?

So etwas wie vor einem Jahr soll dem Berliner Hockey-Club künftig nicht mehr passieren: dass er das Saison-Highlight ausrichtet und selbst nur mit einem besseren Nachwuchsteam antreten kann. Vor einem Jahr hatten die Berliner kurz vor der Endrunde um die deutsche Hallen-Meisterschaft vom damaligen Frauen-Bundestrainer Michael Behrmann die Mitteilung erhalten, dass ihnen ihre Nationalspielerinnen leider nicht zur Verfügung stünden. Sie mussten zur Vorbereitung auf Olympia nach Chile fliegen, um dort auf dem Feld ein paar Länderspiele gegen Chile und Italien zu bestreiten. Ohne Natascha Keller, Barbara Vogel, Katharina Otte und Anke Brockmann war der BHC im Halbfinale gegen den Club an der Alster chancenlos. „Eine Katastrophe“, sagt Michael Stiebitz, der Präsident des BHC.

Alles für den Verband, nichts für die Vereine – für Stiebitz ist das ein großes Ärgernis. Jamilon Mülders, der neue Frauen-Bundestrainer, kann das durchaus verstehen. Er hat im vorigen Jahr selbst unter der Entscheidung seines Vorgängers gelitten. Da war er noch Co-Trainer der BHC-Frauen und musste mit einer nicht-konkurrenzfähigen Mannschaft antreten. „Eine Farce-Endrunde“, sagt er. Aber von einem grundsätzlichen Problem zwischen dem Deutschen Hockey-Bund (DHB) und den Klubs will er nicht sprechen. „Das ist mir zu polemisch.“

Mülders kennt Stiebitz gut, er schätzt den BHC-Präsidenten, weil der „total gute Ideen“ hat. Aber das heißt nicht, dass er mit ihm stets einer Meinung ist. Denn Stiebitz hält eine Weiterentwicklung des Hockeysports in der derzeitigen Form für unmöglich. Aber warum auch?, werden viele sagen. Außer den Volleyballern waren die beiden Hockeyteams die einzigen deutschen Mannschaften, die überhaupt für die Olympischen Spiele in London qualifiziert waren, und die Männer gewannen, wie schon 2008, sogar Gold. „Aber daraus entsteht nichts“, sagt Stiebitz. Alle vier Jahre bei Olympia stehen die Hockeyspieler als verlässliche Medaillenlieferanten für zwei Wochen im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses – die Hoffnungen auf Nachhaltigkeit und eine bessere Vermarktung des Sports aber haben sich bisher als illusorisch erwiesen.

„Der Sport muss von unten leben“, sagt Stiebitz. Stattdessen haben die Belange der Nationalteams Vorrang, weil der klamme DHB von öffentlichem Fördergeld abhängig ist. Aber Fördergeld gibt es nur für Medaillen der Nationalteams. Ein Teufelskreis, findet Stiebitz. Die Vereine und die Liga müssen im Zweifel immer zurückstehen, wenn die Nationalspieler für Turniere oder Lehrgänge abgestellt werden. „Ein geregelter Spielbetrieb ist praktisch nicht möglich, ein geregelter Trainingsbetrieb auch nicht“, klagt Stiebitz. Stimmt, sagt Bundestrainer Mülders, „aber mit seiner Kritik trifft er den Falschen“. Der Spielplan der Bundesliga sei "eine absolute Vollkatastrophe".

Wie der Sport von unten aussieht, das wird an diesem Wochenende in der Max-Schmeling-Halle zu sehen sein: bei der Endrunde um die deutsche Hallenmeisterschaft, für die sich neben den beiden Teams des BHC auch die Männer der Zehlendorfer Wespen qualifiziert haben. Stiebitz hofft angesichts der geballten lokalen Konkurrenz auf 10.000 Zuschauer an den beiden Endrundentagen.

An einen solchen Zuspruch ist im Feldhockey nicht zu denken, und trotzdem spielt die nicht-olympische Hallenvariante für den DHB eine untergeordnete Rolle. Zu Unrecht, wie Stiebitz findet. Für den Zuschauer ist das Spiel in der Halle wesentlich interessanter: Es ist schneller, es fallen mehr Tore, die Stimmung unterm Dach ist besser. „Es gibt bis zu dreimal so viele Zuschauer wie auf dem Feld“, sagt Stiebitz. „Damit ist Hallenhockey automatisch leichter zu vermarkten.“

Doch nicht nur deshalb fordert er vom DHB, sich verstärkt um die Entwicklung der Hallenvariante zu kümmern: „Es ist die einzige reale Möglichkeit, Nachwuchs für den Sport zu gewinnen.“ Und zwar auch abseits traditioneller (Feld-)Hockeystandorte. Denn dass in Minden oder Lüneburg mal eben ein Kunstrasenplatz für interessierte Feldhockeyspieler gebaut wird, ist so gut wie ausgeschlossen, „eine Halle aber gibt es in jeder Schule“.

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