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Sport: Hart und schlau

Das Frauenboxen in Berlin wird hochklassiger, die Vorurteile werden weniger

Beim Einlaufen wird es laut. Aus den Boxen dröhnt Hardrock, „Thunderstruck“ von AC/DC. Die Aggressivität des Liedes heizt die Kämpfe an: Die Boxerinnen schlagen mit hoher Geschwindigkeit aufeinander ein. Einige werden durch den Ring getrieben, manche fliehen eher. Aber immer fliegen Fäuste auf den Körper und ins Gesicht. Das Ergebnis sind ein paar blutige Nasen und viel Adrenalin. „Im Ring zu stehen ist ein extremer Kick“, sagt Diana Carlson vom Veranstalter SV Blau-Gelb. Auch die geschlagenen Boxerinnen haben nach einem Fight ein Lächeln im Gesicht.

Sonst ging es am Wochenende beim 1. Internationalen Frauenboxmeeting der deutschen Amateure gegen Lettland und Israel eher freundlich zu. 50 Zuschauer waren im Boxtempel Weißensee, die Hälfte davon Männer. Frauenboxen ist in Deutschland im Kommen. Die Erfolge einer Regina Halmich im Profibereich halfen natürlich. Dennoch wurde erst vor zehn Jahren der erste offizielle Frauenboxkampf der Amateure ausgetragen. Die verantwortlichen Männer im Deutschen Box-Verband haben die Entwicklung lange blockiert, die Vorurteile gegen boxende Frauen waren groß. Auch der Präsident des Berliner Box-Verbands Hans-Peter Miesner war früher dagegen, hat mittlerweile aber seine Meinung geändert.

„Die Frauen sind sehr ehrgeizig und trainieren sehr gut“, sagt Miesner. Ihm gefalle vor allem, dass gerade im Anfängerbereich die Frauen den Männern technisch überlegen seien. Das hat sich speziell bei den Berlinerinnen bereits ausgezahlt. Vor vier Wochen erkämpfte sich das Team in Worms den deutschen Mannschaftstitel: Alle acht Starterinnen gewannen Medaillen, zwei aus Bronze, vier aus Silber und zwei aus Gold. „Durch den Erfolg und das harte Training werden wir auch von den Männern anerkannt“, sagt Christina Ahrens, deutsche Vizemeisterin von TeBe Berlin.

Auch außerhalb des Sports bestehen Vorurteile. Die Boxerinnen behalten ihr Hobby auch schon mal für sich. „Frauenboxen ist in Deutschland relativ weit entwickelt“, sagt die 29-jährige Diana Carlson. Trotzdem steht die Sportart noch am Beginn: bis auf eine Ausnahme beim SV Seitenwechsel existiert in Berlin noch keine reine Frauenbox-Abteilung. Es gibt in der Stadt 20 bis 25 aktive Boxerinnen. Die Frauen trainieren bei den Männern mit, manchmal auch zusammen im Ring. Diese Wettkampfhärte war dann auch am Wochenende zu bestaunen.

„Eigentlich bin ich eher eine defensive Boxerin“, sagt die deutsche Vizemeisterin Silke Hünecke, die gerade an ihrer Doktorarbeit in Politikwissenschaft arbeitet. Sie kam wie Ahrens vor rund zwei Jahren über das Kickboxen zum Boxen. Mit Diana Carlson haben sie noch etwas anderes gemeinsam: Alle besitzen einen Hochschulabschluss. Das ist zwar keine Voraussetzung, um ins Berliner Team zu kommen, es scheint aber auch nicht zu stören: Am Wochenende gewannen die Berlinerinnen alle Kämpfe.

Jörg Petrasch

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