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Wettanbieter als Trikotsponsor: Türkiyemspor nimmt Strafen in Kauf

Jede Woche werfen wir einen Blick auf den Berliner Fußball. Heute: Der Kreuzberger Oberligist Türkiyemspor muss wegen seines neuen Sponsors Strafen bezahlen, beharrt aber auf seinem Recht.

Sportlich läuft es wieder einigermaßen rund bei Türkiyemspor. Die Durststrecke von über einem Jahr ohne einen Punktspielsieg ist beendet, in die Oberliga-Saison sind die Fußballer recht ordentlich gestartet und in der ersten Runde des Berliner Pokalwettbewerbs gab es am Wochenende ein souveränes 9:0 beim Landesligisten SV Tasmania.

Doch auf Vereinsebene wollen die schlechten Nachrichten nicht abreißen. Jetzt muss der Klub insgesamt 1500 Euro Strafe zahlen, weil die Mannschaft in den ersten beiden Saisonspielen mit einem nicht genehmigten Trikotsponsor auflief. Erst im Juli wurde die Zusammenarbeit mit dem Sportwetten-Anbieter „Betfair“ verkündet, durch die ein Großteil der finanziellen Probleme gelöst werden sollte. 

Der Nordostdeutsche Fußballverband (NOFV), der die Strafe verhängt hat, beruft  sich auf den noch gültigen Glücksspielstaatsvertrag, laut dem Werbung von Wettanbietern auf Spielkleidung und Stadionbanden verboten ist. Dies teilte NOFV-Geschäftsführer Holger Fuchs dem Tagesspiegel mit. Eben dieser Vertrag läuft allerdings zum Jahresende aus, die neue Version wird den entscheidenden Passus aller Voraussicht nach nicht mehr enthalten. So zumindest der bisherige Entwurf des Glückspieländerungsstaatsvertrags (Download pdf), auf den sich die Länder im April dieses Jahres geeinigt haben.

Noch gibt es Wiederstand gegen die neue Version seitens der Europäischen Kommission sowie der schleswig-holsteinischen Landesregierung. Beiden geht es allerdings um noch weiter reichende Liberalisierungen. Wenn hier Einigungen erzielt werden, wird der neue Vertrag voraussichtlich bis Ostern 2012 von den Ländern ratifiziert sein.

Auf das Auslaufen des aktuellen Vertrags beruft sich auch Türkiyemspor-Geschätfsführer Ümit Ünsal: „Die Begründung des NOFV ist für uns nicht weitreichend genug, außerdem wurde das angewandte Gesetz auch vom Europäischen Gerichtshof schon in Frage gestellt." Überrascht sind die Kreuzberger von den Strafen aber nicht, vielmehr haben sie die Situation bewusst auf sich zukommen lassen. Als die Genehmigung für den neuen Trikotsponsor vor der Saison vom NOFV offiziell verweigert wurde, entschieden sie sich dafür, trotzdem mit dem Wettanbieter auf der Brust aufzulaufen und mögliche Strafen in Kauf zu nehmen.

Jetzt hat der Klub Einspruch eingelegt und verlangt eine weiter reichende Erklärung für das Sponsoringverbot. „Es ist der Punkt erreicht, an dem es eine endgültige, verbindliche Klärung seitens des NOFV geben muss“, sagt Ünsal. „Der DFB hat sich positioniert, auf nationaler Ebene scheint es kein Problem zu sein, für Wettanbietern zu werben“. Ünsal verweist hierzu auf Werbesports während der Fußballübertragungen auf Sky und Sport1 sowie auf weitere Kooperationen und Sponsoring zwischen Bundesliga-Klubs und Wettanbietern. Auf der Amateurebene sei es hingegen offenbar anders, was für den Geschäftsführer und seinen Klub nicht nachvollziehbar ist. „Das Thema sollte auch auf Länderverbandsebene geklärt werden, das ist unser Anliegen.“

Um eine weitere Eskalation zu vermeiden, sind die Türkiyemspor-Kicker im Pokalspiel am Wochenende ohne den umstrittenen Sponsor auf der Brust aufgelaufen. Was aber für die ersten vier Saisonspiele an Strafen auf den Klub zukommen sollte, von Bußgeldern bis hin zum Punktabzug, wird der Verein laut Ünsal in Kauf nehmen.

Ob das Verbot des Verbands sich auch auf das Verhältnis zwischen Verein und Sponsor auswirken wird, muss sich noch zeigen. „Bei den Verhandlungen war die Sachlage für den Sponsor eigentlich eindeutig. Wenn wir jetzt den Rest der Saison ohne das Logo auf den Trikots auflaufen müssen, stehen natürlich auch die Zuwendungen zur Debattte. Das muss jetzt alles geklärt werden“, sagt Ünsal.

Spätestens wenn der neue Vertrag in Kraft tritt, werden die Kreuzberger auch offiziell mit Ihrem Hauptsponsor werben können. Was bis dahin geschieht, bleibt abzuwarten. Dass der Klub an der umstrittenen Kooperation festhält, gibt zumindest einen Hinweis darauf, wie lukrativ dieser Partner für das finanziell immer noch klamme Türkiyemspor sein muss.

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