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Berti Vogts: Titel oder Trennung

Berti Vogts steht als Trainer Nigerias beim heute beginnenden Afrika-Cup unter Erfolgsdruck.

Berti Vogts ist sich treu geblieben. Fachlich ist er ein kluger Fußballtrainer, der ein Spiel lesen kann und der oft Entwicklungen im Fußball voraussagt, ehe sie andere erahnen. Manchmal aber vertut er sich, vor allem bei öffentlichen Auftritten. So litt sein Ansehen bei der deutschen Nationalmannschaft, als Trainer von Schottland – und nun auch in Nigeria. Denn vor dem Afrika-Cup, der heute in Ghana beginnt, hat sich Vogts über Dinge beschwert, die ihn in seiner neuen Heimat nerven: die schlechte Organisation des Verbandes, verspätete Gehaltszahlungen und die vielen Funktionärseitelkeiten auf Kosten der Spieler. „Wäre Nigerias Team so organisiert wie die deutsche Nationalmannschaft – es wäre über Jahre nicht zu schlagen“, soll Vogts vor Journalisten zum Jahreswechsel gesagt haben. Worte, die er in diesen Tagen vehement bestreitet, die den 61-Jährigen seinen Job kosten könnten, wenn der Afrika-Cup kein Erfolg werden sollte.

Nigerias Presse und die angegriffenen Fußballfunktionäre fragen sich seit Vogts’ öffentlicher Kritik beleidigt, ob es ihrem Nationaltrainer schlicht an Loyalität gegenüber Land und Leuten fehle. Eigentlich sollte der unbestrittene Fachmann Vogts die afrikanische Fußballgroßmacht Nigeria zur WM 2010 in Südafrika führen und dort – so der Traum – das Team zum ersten afrikanischen Weltmeister machen. Doch nun hat Generalsekretär Bolaji Ojo-Oba eine deutlich kurzfristigere Hürde in den Raum gestellt: „Wir haben alle Voraussetzungen geschaffen, dass sich das Team optimal auf den Afrika-Cup vorbereiten kann. Jetzt sind Vogts und sein Team dran – wir wollen den Titel.“ Man muss kein Kenner der afrikanischen Fußballverhältnisse sein, um an diesen Worten zu erkennen: Vogts dürfte seinen Job nur behalten, wenn er Afrikameister wird. Doch gleich im ersten Spiel wird es schwer, wenn es gegen die Elfenbeinküste geht. Die Mannschaft tritt mit ihren Superstars Drogba, Kolo Touré, Eboué sowie den Bundesligaprofis Sanogo (Bremen) und Boka (Stuttgart) an. Allerdings müssen die „Elefanten“ den kurzfristigen Trainerwechsel verkraften, nachdem Uli Stielike wegen der Erkrankung seines Sohnes zurückgetreten ist.

Neben der Elfenbeinküste gibt es noch viele andere ambitionierte Teams: Titelverteidiger Ägypten, Marokko und natürlich Gastgeber Ghana mit Chelseas Michael Essien und Leverkusens Verteidiger Hans Sarpei. Eher keine Siegchancen dürfte Benin mit seinem deutschen Trainer Reinhard Fabisch haben. Das kleine Nachbarland Nigerias, das bisher keinerlei größere Erfolge in Afrikas Fußballszene aufweisen kann, qualifizierte sich völlig überraschend. Nach der Qualifikation wurden Anzeigen im Internet geschaltet, über die nach talentierten Spielern für das Team gesucht wurde. Zudem wurde der Deutsche Fabisch, bis dato als Entwicklungshelfer in der ganzen Welt unterwegs, erst im Dezember verpflichtet. „Wir haben keine Chance. Die wollen wir nutzen“, sagt der 57-jährige Ex-Profi Borussia Dortmunds.

Die Konkurrenz beim Afrika-Cup ist diesmal so groß wie wohl noch nie zuvor. „Zehn Teams haben das Zeug zum Afrikameister“, sagt beispielsweise Otto Pfister, als Nationaltrainer Kameruns selbst einer der Anwärter auf den Titel. Der erfahrene Pfister, der schon 1978 als Trainer des damaligen Obervolta (heute Burkina Faso) erstmals bei einer Afrikameisterschaft auf der Bank saß, geht im Übrigen auch jetzt in Kamerun auf eine gänzlich andere Art und Weise an seinen Job heran als viele seiner Kollegen aus Europa. Pfister sagt: „Ich muss mich den Gegebenheiten im Land anpassen, nur dann kann ich dort als Trainer Erfolg haben. Ich kann nicht daherkommen und meinen, mit meiner deutschen Mentalität alles umkrempeln zu können.“

Genau dies hat Berti Vogts in Nigeria versucht. Der nach eigenen Worten „unsterblich in Afrika verliebte“ Vogts mied den Schwarzen Kontinent während der ersten zwölf Monate seiner Amtszeit, wo er konnte. Er ersetzte nigerianische Kotrainer durch deutsche Assistenten wie zunächst Thomas Häßler, Uli Stein und später dann Steffen Freund. Er weigerte sich, Trainingsspiele auf nigerianischem Boden auszutragen, nörgelte an Funktionären und Hotels herum, besuchte das Land nur noch so oft, wie es laut Vertrag seine Pflicht war. Es könnte sein, dass ihm das nun zum Verhängnis wird.

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