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Sport: Beständig unbeständig

Der 1. FC Nürnberg steht für schwankende Leistungen – und will künftig offensiver spielen

Wer hat das Sagen im Verein? Beim Club gibt es zwar einen Aufsichtsrat, und Sportdirektor Martin Bader hat sich ein wenig Einfluss erarbeitet, doch im Zweifel entscheidet nur einer: Michael A. Roth. Immerhin zeichnete sich der Präsident in den jüngsten Jahren zunehmend durch durchdachte Beschlüsse aus.

Was hat sich verbessert? Nicht viel. Mit Tommy Larsen verlässt ein erfahrener Mittelfeldspieler den Verein, und die Zugänge sind wenig prominent – auch wenn die beiden Tunesier Jawhar Mnari und Adel Chedli beim Confed-Cup im Einsatz waren. Noch mehr als bei anderen Bundesligisten gilt beim Club, sich statt in Deutschland lieber in Afrika oder Osteuropa umzuschauen. Gut möglich, dass außer Torwart Raphael Schäfer nur ein oder zwei Deutsche in der Startformation stehen werden, etwa Benjamin Lense (aus Bielefeld gekommen) und Markus Schroth. Wenigstens schaffte mit Chhunly Pagenburg ein Spieler aus der eigenen Jugend den Sprung in den Profikader.

Wie sicher ist der Job des Trainers? Wolfgang Wolf scheint eine eingebaute Kontinuitätsgarantie zu haben. In Wolfsburg verbrachte er fünf Spielzeiten, und den Club dirigiert er schon zwei Jahre. Selbst im Abstiegskampf der vergangenen Saison wurde er nicht in Frage gestellt.

Welche Taktik ist zu erwarten? Wolf hat zwar angekündigt, zumindest zu Hause mit drei Spitzen und dahinter dem offensiven Marek Mintal anzutreten. Doch ob er seine Linie durchhalten kann, wird von zwei Faktoren abhängen. Die für dieses System unabdingbaren Angreifer Markus Schroth und Robert Vittek müssen von Verletzungen verschont bleiben und die Saison muss einen sportlich erfreulicheren Verlauf nehmen als die letzte. Da holten die Nürnberger auswärts mit defensiver Taktik mehr Punkte als im Frankenstadion, wo sie selten in der Lage waren, das Spiel zu bestimmen.

Welche Platzierung ist möglich? Nürnberg steht für schwankende Leistungen. Daran dürfte sich nichts ändern. Die Mannschaft wird wohl wieder nicht ihre Möglichkeiten ausnutzen. Also: Platz neun oder zehn aufgrund des Potenzials abzüglich Nürnberger Inkonstanz ergibt circa Platz 14.

Wer sind die Stars? Die Antwort lässt sich leicht an den Schlagzeilen der vergangenen Saison ablesen. „Mintal gegen Leverkusen 2:3“, wurde zum Beispiel einmal getitelt oder auch: „Mintal hat mehr Tore auf dem Konto als Freiburg“. Nachdem der Bundesliga-Torschützenkönig 2005 seinen Vertrag bis 2008 verlängert hatte, war die Erleichterung beim Verein groß. Der Slowake ist der einzige Star im Team.

Wer hat noch Chancen auf die WM? Da wären einige Spieler zu nennen. Die Slowakei und Tunesien (beide zurzeit Zweiter in ihren Gruppen) haben ja noch die Möglichkeit, sich für WM 2006 zu qualifizieren. Was die deutschen Spieler im Team betrifft, sieht es dagegen dünn aus. Chhunly Pagenburg und Stefan Kießling dribbeln zwar in der deutschen Junioren-Auswahl, doch der erste A-Nationalspieler in der Ära nach Andreas Köpke dürfte noch ein paar Jahre auf sich warten lassen.

Wie sind die Fans? Tja, die Fans. Vor neun Jahren brachte Nürnberg bis zu 10 000 Zuschauer mit zu Auswärtsspielen – in der Regionalliga. Doch die Begeisterungsfähigkeit der Anhänger ist seither stetig gesunken. In der abgelaufenen Saison war gerade mal ein Heimspiel ausverkauft – das Derby gegen die Bayern. Reichlich wenig für eine Stadt wie Nürnberg. Zumal es in einem Umkreis von 160 Kilometern keinen anderen Bundesligaverein gibt.

Die gesamte Serie im Internet:

www.tagesspiegel.de/bundesligatest

Morgen: Arminia Bielefeld

Martín E. Hiller

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