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Sport: Bestzeiten nur Zwischenstationen

Afrikas Rekordrenner planen Großes bis zum Jahr 2000 VON ROBERT HARTMANN Stuttgart."Beim Ramadan," dem Fastenmonat der Mohammedaner, "verlierst du zu viel Energie.

Afrikas Rekordrenner planen Großes bis zum Jahr 2000 VON ROBERT HARTMANN

Stuttgart."Beim Ramadan," dem Fastenmonat der Mohammedaner, "verlierst du zu viel Energie." Unter diesen Vorzeichen konnte der 22 Jahre alte Marokkaner Hicham El Guerrouj letzte Woche in Gent sehr zufrieden sein.Denn mit 3:48,45 Minuten verbesserte er immerhin den schon am 27.Februar 1983 in East Rutherford aufgestellten Hallenweltrekord von Eamonn Coghlan über die klassische englische Meile (1609,32 m) um 1,33 Sekunden, das ist ein Unterschied von genau zehn Metern.Während der Ire sich damals zu einem Spezialisten auf dem engen Lattenoval entwickelt hatte, ging der mittelgroße Araber diese Distanz zum erstenmal an.Wenigstens bekundete El Guerrouj, von seinen zwei Weltrekorden innerhalb von zehn Tagen - begonnen hatte er am 2.Februar in Stuttgart mit 3:31,18 Minuten über 1500 m - "völlig erschöpft" zu sein.Deshalb werde er auch darauf verzichten, in drei Wochen seinen WM-Titel in Paris zu verteidigen.Auf die dort ausgelobten 50 000 Dollar kann er offenbar verzichten.

Der Veranstalter des Karlsruher Meetings am vergangenen Freitag, Siegfried König, hatte schon den nächsten Weltrekordversuch angekündigt.Der Äthiopier Haile Gebreselassie wollte sich dort selbst übertreffen.7:30,72 Minuten standen als Verfügungsmasse bereit, er scheiterte nur knapp mit 7:31,28.Der Mittel- und Langstreckenlauf hat sich seit dem Sommer 1994 plötzlich wieder zu einer Boombranche entwiêkelt.Auch die jüngsten Höchstmarken sind wohl nur Zwischenstationen auf dem Weg zu neuen Ufern.

Wie immer wird im Sommer erst abgerechnet.In Kenia teilte der 20 Jahre alte Grand-Prix-Gesamtsieger Daniel Komen seine Vorhaben bis zum Jahr 2000 mit.Das waren also 7:13 Minuten über 3000 m und 12:32 über 5000 m.Die derzeitigen Rekorde halten er selbst mit 7:20,67 und Gebrselassie mit 12:44,39, und ihnen war schon das Wort "Fabel" beigefügt worden.

Komens Trainer, der 3000-m-Hindernisweltrekordler Moses Kiptanui, kündigt auf seiner eigenen Strecke eine Steigerung von 7:59,18 auf 7:55 an."Sogar für mich ist das möglich," sagt er."Wir müssen die nächste Generation darauf vorbereiten," fügt er hinzu, und die Arbeiten daran sind in vollem Gange.Ansonsten unterscheidet sich seine Prognose nicht wesentlich von der des Jüngeren.Er nennt Zeiten von 7:18 und 12:35.Für die 10 000 m denkt er an 26:10 Minuten.Die gegenwärtige Bestzeit des Marokkaners Salah Hissou steht bei 26:38,08.

Die Afrikaner trainieren in Gruppen, die sich auf einen Dreikampf einschwören: Marokko gegen Äthiopien gegen Kenia.Der Rest der Welt spielt zur Zeit nur noch ein paar Nebenrollen.Die Qualität des Trainings wird immer besser, das warme Wetter, die Höhenlagen, das Leben auf der Graswurzelebene, nicht zuletzt der materielle Antrieb: Viele Gründe ergeben ein ganzes Bouquet des Erfolgs.Aber die anderen Gegner werden allein schon durch die Menge an hochbelastbaren Talenten erdrückt.Es gilt das Wort der deutschen Bundestrainerin Isabelle Baumann: Während des Trainingslagers mit ihrem Mann Dieter, dem 5000-m-Olympiasieger von Barcelona 1992, hätten sie Anfang des Jahres allein in Nyahururu "hundert Kenianer vom Crosslaufniveau Dieters" angetroffen.

Als El Guerrouj jetzt auf den Ramadan verwies, wollte er auch sagen, daß er eigentlich schneller hatte laufen wollen - womit er nur im Trend liegt.

ROBERT HARTMANN

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