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Michael Rösch, 30, gewann als Biathlet mehrere Weltcup-Rennen. Mit der deutschen Staffel gewann er 2006 in Turin olympisches Gold. Seit dem 7. November hat der gebürtige Sachse die belgische Staatsbürgerschaft.

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Biathlet und Wahl-Belgier: Michael Rösch: "Das war ein schwerer Schritt"

Biathlon-Olympiasieger Michael Rösch fühlte sich in Deutschland schlecht behandelt – warum er nun als Belgier startet, erklärt er im Tagesspiegel-Interview.

Herr Rösch, Sie gehen demnächst für Belgien an den Start. Wie kommt man als deutscher Olympiasieger auf so eine Idee?

Bei der Heim-WM 2011 in Ruhpolding konnte ich nicht starten, weil ich krank war. Der Deutsche Ski-Verband gab daraufhin die Mannschaft für das Folgejahr bekannt, in der ich nicht war. Da fing ich an, mir Gedanken zu machen. Mein Management hatte dann die Idee mit dem Verbandswechsel. Ich war auf Anhieb davon überzeugt.

Aber warum bei den Belgiern? Die haben gerade mal fünf Medaillen bei olympischen Winterspielen gewonnen.

Genau deswegen hat sich Belgien für mich angeboten. In Belgien ist Biathlon weniger populär. Wir hatten die Vision, mit Know-how und Sponsoren den Verband zu stärken und etwas aufzubauen.

Was bedeutet das für Sie?

Ich will mit Erfolgen helfen, dass sich in Belgien die Infrastruktur für den Sport verbessert. Etwa mit Trainingszentren. Für mein Training ist das natürlich nicht relevant. Ich bin das Jahr über sowieso überall unterwegs und orientiere mich an den äußerlichen Gegebenheiten.

Wie haben Ihre Kollegen aus der Olympia-Staffel von Turin auf Ihre Entscheidung reagiert?

Der Ricco Groß findet es soweit in Ordnung, als Bundestrainer würde er mich aber lieber für Deutschland starten sehen. Sven Fischer findet es zwar schade, kann aber meine Entscheidung auch nachvollziehen. Es hat sich insgesamt an unserem Verhältnis nichts geändert.

Für Sie hat sich viel geändert. Sie mussten für den Verbandswechsel ihr Amt als Polizeihauptmeister aufgeben.

Die Kündigung bei der Bundespolizei war ein schwerer Schritt. Ich war Beamter auf Lebenszeit und hatte auch ein gutes monatliches Einkommen. Zum Glück hatte ich während der Übergangszeit in meiner Heimat bei Dresden einen Sponsor, der mich eingestellt hat. So konnte ich mich über Wasser halten.

Wie ein Hausbau Michael Rösch vom Training abhielt

Nach dem Olympia-Sieg 2006 wurden Sie als Mitglied einer neuen goldenen Generation nach Ricco Groß und Sven Fischer gehandelt. Ende 2009 kam dann aber mit der Nicht-Nominierung für den Weltcup der Tiefpunkt. War der Druck zu groß?

Ich war vor dem Weltcup relativ gut in Form, hatte im Herbst allerdings zu viel trainiert und war deshalb völlig ausgelaugt. Ich traf damals aber auch privat ein paar falsche Entscheidungen.

Was für Entscheidungen waren das?

Da war die Entscheidung, in meiner Heimat Altenberg ein eigenes Haus zu bauen. Das hat sehr viel Energie und Zeit gekostet. Ich hätte mich weiter intensiv auf die Wettkämpfe vorbereiten müssen.

Was erhoffen Sie sich vom Verbandswechsel?

Ich hoffe, dass ich wieder an meine früheren Leistungen anknüpfen kann. Der Verband erwartet natürlich das Gleiche. Gemeinsam haben wir das Vorhaben, mit guten Sponsoren etwas in Belgien zu bewegen. Dabei leiste ich den sportlichen Beitrag und der Verband den finanziellen. Das Fernziel ist, für Olympia 2018 eine Staffel stellen zu können.

Langläufer Johann Mühlegg startete für Spanien, der österreichische Skirennläufer Marc Girardelli für Luxemburg. Zwei Fälle mit unglücklichem Ende. Gibt es bei Ihnen auch Zweifel?

Ich stehe voll dahinter und bin mir sicher, dass es die richtige Entscheidung für meine sportliche Zukunft ist. Zumal ich hier auch die Chance sehe, nach meiner aktiven Karriere, in den belgischen Trainerstab zu wechseln.

Amir Addin

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