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Vancouver 2010 - Biathlon

© dpa

Biathlon: Bloß nicht völlig versagen

Die 4 x 7,5-Kilometer-Staffel ist die letzte Chance für die deutschen Biathlon-Männer, vielleicht doch noch eine olympische Medaille zu gewinnen.

In welcher Ecke man sich auch umhörte, nach dem Massenstart der Männer wimmelte es am Sonntag nur so von künftigen Medaillengewinnern. Norweger, Österreicher, Franzosen, auch die Russen mit Tagessieger Jewgeni Ustjugow – alle sahen sie sich nach der heutigen Staffel, der letzten Biathlon-Entscheidung in Whistler, im Geiste schon fein dekoriert. „Wir haben ein starkes Team, werden um Gold kämpfen“, sagte Norwegens Emil Hegle Svendsen. Auch Silbermedaillengewinner Martin Fourcade war nach dem „kollektiven Erfolg“ der Franzosen heiß auf eine Zugabe – und Daniel Mesotitsch erklärte stellvertretend für Österreich: „In der Staffel haben wir sehr gute Chancen.“

Nur die deutschen Skijäger standen schüchtern da und sagten lieber nichts. Als Titelverteidiger geht das DSV-Quartett am Freitag zwar an den Start – doch Michael Greis ist der einzige Verbliebene von den glorreichen Vier von Turin. Er ist auch der einzige unter Deutschlands Biathleten, der in Whistler durchweg ordentliche Leistungen zeigte. Platz fünf in der Verfolgung war trotzdem die beste Platzierung, während die Teamkollegen Andreas Birnbacher (bester Rang: 12), Arnd Peiffer (17) und Alexander Wolf (24) durchweg enttäuschten. Auch bei Christoph Stephan lief es mit Platz 19 als Top-Ergebnis nicht besonders gut. Nun hat ihn auch noch ein grippaler Infekt erwischt, weshalb er in der Staffel nicht laufen kann. Für ihn soll der erst 21 Jahre alte Simon Schempp als Startläufer in die Loipe gehen.

Für Frank Ullrich könnte der olympische Ausstand als Männerbundestrainer bei einem weiteren Misserfolg endgültig im Debakel enden. Im Vergleich zu Turin, als die deutschen Männer vier von fünf möglichen Goldmedaillen gewannen, ist das Ergebnis diesmal schon vor der Staffel ernüchternd: Keine einzige Medaille bei vier Einzelentscheidungen – das gab es zuletzt (bei nur zwei Einzelrennen) 1998 in Nagano, wo das Team aber zum Schluss noch mit Staffelgold versöhnte.

Bundestrainer Frank Ullrich schweigt

In Whistler wollte der entnervte Bundestrainer nach dem Massenstartrennen zum schwachen Auftritt seiner Biathleten schon gar keinen Kommentar mehr abgeben, sondern stapfte lieber wort- und grußlos davon. Sichtbar mitgenommen von der Tatsache, dass die Deutschen von der Konkurrenz teilweise so deutlich abgehängt wurden.

„Ich bin besser als vor vier Jahren“, hatte Greis vor dem ersten Start behauptet, aber gleich hinzugefügt: „Dummerweise ist es die Konkurrenz auch.“ Dann belegte er in Whistler hintereinander die Plätze 21, 5, 10 und 10 und konnte sich nicht einmal über größere Fehler ärgern: „Eigentlich habe ich hier keine schlechten Rennen gemacht, nur das i-Tüpfelchen hat gefehlt.“

Die Staffel ist nun die allerletzte Chance, den fast bis zur Unkenntlichkeit verblassten Ruhm von Turin noch ein wenig aufzupolieren. Allerdings ist Greis’ Begleitpersonal ziemlich unerfahren: Ullrich setzt auf die Olympia-Debütanten Peiffer und nach Stephan-Ersatz Schempp sowie auf Greis’ Trainingspartner Birnbacher, der 2006 zwar schon dabei war, aber ohne Einsatz blieb.

Einen tapferen Fürsprecher haben sie immerhin gefunden. „Es ist nicht so, dass die Mannschaft schlecht ist, dass wir weg vom Fenster sind. Die Jungs waren immer in Kontakt zu Medaillen“, sagt Sven Fischer. Doch wie das Team heute abschneidet, da will er sich nicht festlegen. „Es kann eine Top-Staffel sein, und sie werden Fünfter“, sagt er. "Oder es wird eine Top-Staffel, und sie holen eine Medaille.“ Fischer arbeitet als TV-Experte für das ZDF. 2006 in Turin war er der Hauptakteur neben Greis – mit Olympia-Gold im Sprint. Und in der Staffel.

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