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Sport: Bienvenue les Bleus

Die Franzosen sind nach dem 2:0 gegen Togo im Turnier angekommen

Wenn Thierry Henry ein wichtiges Tor schießt, feiert er das auf seine eigene Weise. Der Franzose läuft erst zur Eckfahne und steckt dann seine ganze Freude in den rechten Arm, den er von der Hüfte bis weit über den Kopf stößt. Das sieht so aus wie bei einem Rummelboxer, der gerade einen übermütigen Freiwilligen auf die Bretter schickt. Als der französischen Stürmer gestern nach einer Stunde zum berühmten Punch ausholte, war das ein Signal an die ganze Nation: Seht her, wir leben noch! Es ist noch einmal gut gegangen für die auch gestern lange Zeit zaudernden Franzosen. Mit dem zweiten Tor beseitigte Thierry Henry die letzten Zweifel am Verbleib im Turnier. Nach dem 2:0 (0:0) über Togo in Köln beendete Frankreich die Vorrundengruppe G als Zweiter und muss das Turnier nicht vorzeitig verlassen. Dieser Sieg war auch ein Geschenk der Franzosen an einen der Großen des Weltfußballs. Zinedine Zidane, gestern wegen zweier Gelber Karten gesperrt, darf seine Karriere fortsetzen, vorerst im Achtelfinale am Dienstag in Hannover gegen Spanien.

Für Zidane war gestern David Trezeguet in die Mannschaft gerückt. 1998 stürmte er gemeinsam mit Henry für AS Monaco. Beide kamen sie bei der WM im eigenen Land zu ein paar Anerkennungseinsätzen, als Stürmer waren Guivarc’h, Djorkaeff und Dugarry gesetzt. Acht Jahre später sind Henry und Trezeguet Weltstars bei den Weltklubs FC Arsenal und Juventus Turin. Wahrscheinlich gibt es zurzeit keinen besseren Stürmer als Henry, und wahrscheinlich gibt es auch nur wenige Teams bei dieser WM, die besser besetzt sind als die Franzosen. Alles gute Einzelspieler von großen Klubs, neben Henry und Trezeguet noch Makelele, Gallas, Vieira oder Silvestre, aber zusammen ergeben sie bisher noch keine große Mannschaft. Manchmal wirkt Frankreich wie das Real Madrid der Nationalteams.

In der Nationalmannschaft fehlt den großartigen Individualisten offensichtlich das Zutrauen in ihre Fähigkeiten. Warum etwa schoss Frank Ribéry nach einer Viertelstunde, von Henry bestens in Szene gesetzt, aus halbrechter Position nicht direkt aufs Tor? Er passte lieber auf Trezeguet, doch der stand deutlich im Abseits, als er den Ball ins Tor schob. So viel Leidenschaft, wie sie die Franzosen in den Protest gegen die völlig korrekte Entscheidung des Schiedsrichters legten, hätte man sich von ihnen während der gesamten Vorrunde gewünscht. Sie hätten sich das Zitterspiel von Köln erspart.

Gestern aber wollten sie immerhin, das schien in den vorangegangenen Spielen gegen Südkorea und die Schweiz nicht immer der Fall zu sein. Ribéry, der kleine Dribbler von Olympique Marseille, hätte sich gestern Abend in den Rang eines Ehrenritters der Fremdenlegion schießen können, mindestens. Zweimal setzte er Trezeguet in Szene, aber der hat schon bessere Abende erlebt. Zweimal kam Ribéry selbst in verführerische Nähe des Tores, doch beide Male schaffte er es, den Ball aus zehn, elf Metern weit über das Tor zu jagen. Ribéry ist erst 23 Jahre alt und damit der mit Abstand jüngste Spieler der Franzosen. Es spricht für seine Perspektive, dass er den Mut zum Dribbling nicht verlor. Kurz nach der Pause spielte er mit feiner Einzelleistung Patrick Vieira frei, der sich einmal drehte und den Ball an seinem 30. Geburtstag in die rechte Ecke schlenzte. 1:0, endlich!

Vieira, der Defensivstratege von Juventus, beging sein Erfolgserlebnis auch auf seine eigene Art. Er drehte schweigend ab und hob nicht einmal die Hand zum Jubel. So weit kommt es noch, dass sich ein Weltstar über ein Tor gegen Togo freut.

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