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Schummler? Patriots-Quarterback Tom Brady empfindet die Vorwürde selbstverständlich als "lächerlich".

© dpa

„Big Four“ – die US-Sport-Kolumne: „Deflategate“ in der NFL: Viel Wind um wenig Luft

Bizarre Affäre um die New England Patriots: Star-Quarterback Tom Brady und seinem Team wird vorgeworfen, absichtlich zu platte Bälle eingesetzt zu haben. Schwerer Betrug oder Lappalie? Darüber wird nun heftig gestritten.

Man stelle sich vor, es sind nur noch 10 Tage bis zum Super Bowl, DEM Sportereignis schlechthin in den USA  -  und kein Mensch redet darüber. Genau das ist momentan aber der Fall. Die unzähligen Nachrichten und Debattier-Runden im US-Sportfernsehen werden nämlich nicht vom bevorstehenden Schlagabtausch zwischen den großen New England Patriots und den Titelverteidigern der Seattle Seahawks beherrscht, sondern von einem bizarren Streit um platte Bälle. Einem vermeintlichen Skandal, der natürlich auch schon seinen eigenen Namen bekommen hat: „Deflategate“

Der Vorwurf: Die Patriots sollen im Halbfinalspiel gegen die Indianapolis Colts am vergangenen Sonntag absichtlich zu schwach aufgeblasene Bälle verwendet haben. Nach dem ersten Vorwurf, erhoben von Colts-Verteidiger D’Qwell Jackson, der einen der Bälle als „Interception“ abfing und dabei misstrauisch wurde, leitet die National Football League Untersuchungen ein, deren Ergebnis dann eine Welle der Empörung auslöste: 11 der 12 von den Patriots eingesetzten Spielbälle hatten weniger als die vorgeschriebene Mindestmenge Luft. 

Eine Affäre die erstmal viele Fragezeichen aufwirft und einen tieferen Blick in die prall gefüllten Regularien der NFL erforderlich macht: Dass es überhaupt eine solche Luft-Mindestmenge gibt, weil ein platterer Ball durchaus besseren Grip haben und sich somit leichter werfen und fangen lassen kann; dass die Teams jeweils 12 eigene Spielbälle für die eigenen Angriffs-Spielzüge mitbringen; dass die Bälle exakt 2 Stunden und 15 Minuten vor Anpfiff zwar von den Schiedsrichtern geprüft, danach aber wieder in die Obhut der Mannschaften gehen – all das weiß Amerika jetzt dank der intensiven Berichterstattung.

Viele Fans in den sozialen Netzwerken sind außer sich und fordern eine Sperre für Coach Belichick oder eine Neuansetzung des Spiels. Unter ehemaligen NFL-Profis gibt es unterschiedliche Ansichten darüber, ob es sich hier um Betrug oder eher um eine Lappalie handelt. Während beispielsweise der legendäre 49ers-Receiver Jerry Rice auf Twitter von Schummelei spricht, behauptet Ex-NFL-Quaterback Matt Leinart: Jeder Quarterback trickst mit den Bällen herum.

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Eine hitzige Debatte um ein kleines bisschen Luft in einem Spiel, das enorm einseitig verlief und in den Patriots einen klaren Sieger hatte. Warum löst das Ganze aber so heftige Reaktionen aus? Eine mögliche Erklärung: Weil es die Patriots waren. Schon wieder diese Patriots! Seitdem Bill Belichick als Trainer und Tom Brady als Quarterback dort das Sagen haben, ist der Klub nicht nur der erfolgreichste der NFL, sondern wahrscheinlich auch der meistgehasste. Dazu beigetragen haben neben den vielen schmerzhaften Niederlagen, die Brady und Belichick der Konkurrenz zufügten, auch die oft als arrogant empfundene Attitüde der beiden sowie ein weiterer Skandal aus dem Jahr 2007: „Spygate“. Damals hatten die Patriots erwiesenermaßen den Defensivcoach der New York Jets während eines Spiels gefilmt, um so seine geheimen Signale an die Spieler zu analysieren.

Seitdem fällt gerne sehr schnell das Wort „Schummler“ wenn es um die Patriots geht, zuletzt erst eine Woche vor „Deflategate“: Die Patriots hatten im Playoff-Spiel gegen Baltimore eine kleine Lücke im komplexen Football-Regelwerk ausgenutzt und die Gegner mit einer eigenartigen Formation überrumpelt. Legal, wie sich herausstellte, aber eben unüblich. Und für Patriots-Hasser, na klar, Betrug.

Bei den Beschuldigten selbst lösen Anschuldigungen jeglicher Art freilich nur noch ein müdes Schulterzucken aus. „Mittlerweile hab ich jeden Mist schon mal gehört. Es ist lächerlich“, kommentiert zum Beispiel Tom Brady die Affäre um die platten Bälle. Und sein Kollege Rob Gronkowski nimmt es mit Humor: Es müsse an seinem Touchdown-Jubel liegen, bei dem er den Ball stets mit voller Wucht auf den Boden schmettert.

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Viel Wind um wenig Luft also. Die NFL wird entscheiden und aller Wahrscheinlichkeit nach eine Geldstrafe gegen die Patriots aussprechen, vielleicht auch einen zukünftigen Draft-Pick streichen. Eine Neu-Ansetzung des Spiels gegen die Colts oder gar eine Disqualifizierung der Patriots für den Super Bowl wird es nicht geben. Was bei aller (berechtigter) Kritik wohl zu auch zu viel des Guten wäre. Denn, platte Bälle hin oder her: An der Dominanz der Patriots, die ihren Halbfinalgegner absolut beherrschten und die Partie schließlich mit 45:7 (!) für sich entschieden, waren sicher nicht ein paar fehlende Milli-Bars in den Bällen Schuld.

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