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Ein Bild aus besseren Zeiten. Chris Davis, hier von seinen Kollegen gefeiert, ist wegen Dopings für 25 Spiele gesperrt worden.

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Big Four - Die US-Sport-Kolumne: Die erstaunliche Saison der Baltimore Orioles

Die Baltimore Orioles nutzen die Schwäche der New York Yankees und Boston Red Sox und ziehen als Divisionssieger in die Play-offs der Major League Baseball (MLB) ein. Doch hinter dem Erfolg stehen auch ein paar Fragezeichen.

Chris Davis ist ein Baum von einem Kerl. Bei 1,91 Meter Körpergröße wiegt der 28-Jährige 105 Kilogramm. Davis' Arme sind dick wie die Äste einer Eiche. Der Mann strotzt vor Kraft. In der vergangenen Saison schlug der First Baseman der Baltimore Orioles 53 Homeruns - so viele wie kein anderer Spieler in der Major League Baseball 2013. Die Entwicklung zum gefährlichsten Schlagmann der Liga kam für viele Experten allerdings überraschend. In der laufenden Saison sah Davis zwar immer noch wie ein Baum aus, aber er spielte längst nicht mehr so erfolgreich.

Und tat das, was ein Profisportler nicht tun darf. Chris Davis nutzte eine verbotene Substanz, dopte sich mit Amphetaminen. Er versuchte damit, sich wieder besser auf sein Spiel zu fokussieren und die Konzentration aufrecht zu erhalten. Doch sein Plan funktionierte nicht, Davis wurde in der vergangenen Woche von der MLB für 25 Spiele gesperrt - und verpasste damit den größten Erfolg seines Klubs seit 17 Jahren. Denn in der Nacht auf Mittwoch sicherten sich die Orioles erstmals seit 1997 wieder den Titel in der American League East und haben die Play-offs damit schon zwei Wochen vor dem Saisonende erreicht.

Der Fall Davis ist deshalb so bemerkenswert, weil der Spieler gern betont hatte, sauber zu sein und für einen sauberen Sport einzustehen. Dabei war er das wohl selbst nie so ganz. Schon in der Vergangenheit half er mit Amphetaminen nach, hatte dafür allerdings eine Ausnahmegenehmigung seitens der Liga. Solche medizinischen Gefälligkeitsatteste sind aus dem Radsport bestens bekannt, wo es Zeiten gab, in denen eine regelrechte Asthma-Welle im Fahrerfeld grassierte. Davis hatte allerdings für 2014 einfach vergessen, sich ein neues Attest von seinem Arzt zu besorgen. Und steht damit ziemlich dumm da.

Erstmals seit 1983 können die Baltimore Orioles wieder Meister werden

Unterstützung erhält er erwartungsgemäß von seinem Team. Mitspieler Nelson Cruz sagte in der Baltimore Sun: "Ich weiß nicht, wie die Öffentlichkeit reagieren wird, aber wir stehen hinter ihm. Klar, möchte niemand in so einer Situation stecken, andererseits passieren solche Dinge im Leben. Jeder macht Fehler." Cruz weiß, wovon er spricht. In der vergangenen Saison war er selbst wegen seiner Verwicklung in den Biogenesis-Skandal aus dem Verkehr gezogen worden. Weil er sich anders als Alex Rodriguez geständig zeigte, kam er mit einer eher glimpflichen Sperre für 50 Spiele davon. Wie schnell solche Dinge allerdings in der MLB vergessen werden, dürfte Cruz schon in den kommenden Monaten erfahren. In den Vereinigten Staaten bekommt jeder eine zweite Chance, Cruz hat sie mit starken Leistungen in dieser Saison genutzt und wird nach der Saison bei irgendeinem Verein einen Monstervertrag unterschreiben.

Zunächst aber wollen die Orioles die World Series gewinnen, es wäre die erste seit 1983. Dass die Mannschaft in der zweiten Saisonhälfte derart aufdrehen konnte, war nicht unbedingt erwartet worden. Noch im Juni stand das Team bei einer ausgeglichenen Bilanz, Leistungsträger wie Catcher Matt Wieters oder Third Baseman Manny Machado verpassten die Saison entweder ganz oder zumindest einen Großteil der Spiele wegen Verletzungen. Dazu kamen eher wacklige Starting Pitcher und die vermeintlich starke Konkurrenz in der AL East.

Doch weder von den New York Yankees und schon gar nicht vom noch amtierenden Meister Boston Red Sox ließen sich die Orioles aufhalten. Inzwischen hat Baltimore die zweitbeste Bilanz aller 30 MLB-Teams und kann sich nun voll auf die Playoffs konzentrieren. Dort könnte Chris Davis übrigens nach Verbüßung seiner Sperre in der zweiten Runde zurückkehren. Und dann vielleicht wieder vom Deppen zum Helden werden. Es würde irgendwie passen zu dieser merkwürdigen Saison der Baltimore Orioles.

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