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Alte Bekannte: Peyton Manning (l.) und Tom Brady könnten in den Playoffs wieder aufeinander treffen.

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Big Four – die US-Sport-Kolumne: NFL-Playoffs – Showdown der Altstars?

In der NFL wird es nach einer spektakulären Saison so richtig spannend: am kommenden Wochenende beginnen die Playoffs. Zu den großen Favoriten gehören dabei neben ein paar Newcomern auch zwei alte Bekannte – im wahrsten Sinne des Wortes.

American Conference (AFC)

In der AFC deutet vor dem Beginn der Play-offs vieles auf ein weiteres Kapitel in der unendlichen Geschichte zwischen Peyton Manning und Tom Brady hin. Mannings Denver Broncos und Bradys New England Patriots sind die großen Favoriten in dieser Conference. Fünfzehn Mal standen sich die beiden zukünftigen Hall of Fame-Quarterbacks bisher gegenüber, vor allem in den Play-offs handelte es sich dabei oft um epische Duelle. Dass sich Manning und Brady auch im fortgeschrittenen Alter nervenaufreibend duellieren können, bewiesen sie Ende November, als die Patriots nach einem 0:24-Rückstand noch 34:31 nach Verlängerung gewannen. Nun hoffen viele Fans auf ein Rückmatch zwischen den Legenden im Finale der AFC. Auch, weil es Manning mit seinen inzwischen 37 Jahren gelang, Bradys Rekord für Touchdowns in einer Saison zu brechen und die Marke von 50 auf 55 zu verbessern. Dazu passte Manning für einen Raumgewinn von unglaublichen 5477 Yards – auch das ein neuer Rekord. In den wichtigen Spielen hatte aber Brady meist das bessere Ende für sich. Zumal Manning nachgesagt wird, in der kalten Jahreszeit etwas von seiner Wurfgenauigkeit einzubüßen – ganz im Gegensatz zu Brady. Am kommenden Wochenende haben beide Mannschaften aber noch frei, in der Wildcard-Runde werden die Gegner für die zwei Favoriten gesucht.

Denver und New England sind die letzten verbliebenen Konstanten in den Play-offs der AFC. Jahrelange Stammgäste in der K.o.-Runde sind in diesem Jahr nicht mit dabei. Die Pittsburgh Steelers scheiterten genauso wie Titelverteidiger Baltimore Ravens mit einer Bilanz von acht Siegen und acht Niederlagen. Beide Teams zählen zu den Enttäuschungen der regulären Saison. Dabei geht es durchaus noch schlimmer. Die Houston Texans, in den letzten Jahren ein Super-Bowl-Kandidat, gewannen ihre ersten beiden Spiele und verloren dann vierzehn Mal in Folge. Ein echtes Desaster, das Konsequenzen hatte. Trainer Gary Kubiak musste gehen, in Person von Bill O’Brien wurde kurz vor Neujahr sein Nachfolger verpflichtet und beim Draft im April dürfen die Texans als Erste auswählen, um dann zur neuen Saison vielleicht wieder ein Play-off-Aspirant zu werden.

Ohne die Texans, Steelers und Ravens sind es vor allem unerfahrene Teams, die Denver und und New England herausfordern. Aus Denvers Division haben es Kansas City und San Diego ebenfalls in die Play-offs geschafft. San Diego könnte das Überraschungsteam in diesem Jahr werden. Die Chargers gewannen ihre letzten vier Saisonspiele und qualifizierten sich im letzten Moment. Was eine starke Form im Dezember ausmachen kann, war zuletzt am Beispiel der Baltimore Ravens und New York Giants zu sehen, die beide als Außenseiter nur mit Mühe die Play-offs erreichten und am Ende den Super Bowl gewannen. San Diego spielt am Sonntag (19 Uhr) in Cincinnati. Die Bengals warten seit über zwanzig Jahren auf einen Play-off-Sieg, in den vergangenen zwei Spielzeiten schieden sie jeweils in der ersten Runde gegen Houston aus. Allerdings ist Cincinnati extrem heimstark, zu Hause gewannen die Bengals jedes ihrer Spiele in diesem Jahr.

Im zweiten Wildcard-Spiel der AFC reist Kansas City nach Indianapolis. Die Chiefs sind im ersten Jahr unter Trainer Andy Reid nicht wieder zu erkennen. Der erfahrene Coach machte aus dem schlechtesten Team der vergangenen Saison einen ernstzunehmenden Herausforderer. Allerdings verlor Kansas in der regulären Saison alle Spiele gegen Denver und San Diego, was Fragen nach der Leistungsfähigkeit gegen Spitzenmannschaften aufwirft. Unter diesem Aspekt sind auch die Colts schwer einzuschätzen, wenn auch genau anders herum. Gegen Super-Bowl-Anwärter wie Denver, Seattle oder San Francisco feierte Indianapolis beeindruckende Siege, verlor dann aber gegen mittelmäßige Mannschaften wie St. Louis und Miami. Vor zwei Wochen trafen beide in Kansas City bereits aufeinander, die Colts siegten 23:7. 

Sebastian Stier.

Junge Quarterbacks und dominate Defensive in der NFC

Dank Quarterback Drew Brees (vorne) sind die New Orleans Saints zurück in die Erfolgsspur. Sie haben allerdings ein schweres Los.
Dank Quarterback Drew Brees (vorne) sind die New Orleans Saints zurück in die Erfolgsspur. Sie haben allerdings ein schweres Los.

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National Conference (NFC)

Bereits zum Ende der letzten Saison prophezeiten die meisten Experten den Seattle Seahawks eine hervorragende Zukunft. Rookie-Quarterback Russel Wilson hatte überraschend aufgetrumpft und sein Team bis in die zweite Runde der Playoffs geführt. In seinem zweiten Jahr hat Wilson sich sogar noch weiter verbessert, er gilt als Kandidat für den Titel des wertvollsten Spielers der Saison. Dazu kommt eine  bärenstarke Defensive, die beste der Liga. Kein Wunder also, dass die Seahawks mit 13:3 die beste Bilanz der NFC vorweisen können und als absoluter Topfavorit auf den Conference-Titel und das damit verbundene Super-Bowl-Ticket gelten. Und die Seahawks haben noch einen großen Vorteil: das Heimrecht. Kein Stadion wird von gegnerischen Teams so sehr gefürchtet wie das Century Link Stadium von Seattle mit seinen fanatischen Fans, die permanent ohrenbetäubenden Krach machen und gegnerische Quarterbacks verzweifeln lassen.

Hinter den Seahawks tummelt sich ein interessantes Verfolgerfeld. Bis auf die Atlanta Falcons sind im Grunde auch die Teams dabei, die vor der Saison als Kandidaten für die vorderen Plätze gehandelt wurden - auch wenn einige von ihnen es deutlich schwerer hatten als erwartet. Die San Francisco 49ers zum Beispiel, im Sommer von den meisten Experten als absoluter Topfavorit bewertet, zogen in ihrer Division mit einer Bilanz von 12:4 den Kürzeren gegenüber Seattle und müssen deshalb in der Wildcard-Runde zu einem schweren Auswärtsspiel ins eisige Green Bay fahren.

Dort warten die Packers, die ein sehr holpriges Jahr hatten. Alles lief gut, bis sich Star-Quarterback Aaron Rodgers das Schlüsselbein brach. Es folgten fünf sieglose Spiele in Serie, darunter auch eine derbe 10:40-Klatsche im prestigeträchtigen Thanksgiving-Duell mit den Detroit Lions. Zwei äußerst knappe Siege gegen Atlanta (22:21) und Dallas (37:36) hielten die Playoff-Hoffnungen aber am Leben – und zum alles entscheidenden Duell gegen Erzfeind Chicago kehrte Rodgers glücklicherweise zurück. Die Packers siegten und setzten sich so knapp in der insgesamt schwachen NFC North durch. Mit einem fitten Aaron Rodgers muss man sie in den Playoffs aber immer auf dem Zettel haben. 

Ein großes Fragezeichen stand vor der Saison hinter den New Orleans Saints. Eigentlich ein Spitzenteam, verpassten die Saints in der Vorsaison ohne ihren gesperrten Coach Sean Payton die Playoffs. Mit seiner Rückkehr fand der Super-Bowl-Champion von 2009 in diesem Jahr zurück in die Erfolgsspur - vor allem dank Quarterback Drew Brees, der seinen ohnehin schon sicheren Platz in den Ruhmeshallen der NFL weiter zementierte. Zum bereits vierten Mal in seiner Karriere passte er für über 5000 Yards Raumgewinn - eine unglaubliche Leistung wenn man bedenkt, dass es überhaupt erst vier anderen Quarterbacks außer ihm gelungen ist, diese Schallmauer zu durchbrechen.

Die Saints sind also wieder da, doch sie haben ein schweres Los: In der Wildcard-Runde müssen sie das milde Louisiana und ihren gut klimatisierten Superdome verlassen und über 1700 Kilometer nordöstlich im kalten Philadelphia gegen die Eagles antreten. Eine unangenehme Aufgabe für die als auswärtsschwach geltenden Saints.

Grund für den niedrigen Setz-Platz der Saints ist der sensationelle Aufschwung der Carolina Panthers, der vielleicht größten Überraschung der bisherigen NFL-Saison. Das in den vergangen Jahren traditionell schwache Team aus Charlotte startete mit drei Niederlagen aus den ersten vier Spielen – alles sah so aus wie gehabt. Doch dann zündeten die Panthers plötzlich den Turbo, gewannen elf der zwölf letzten Saisonspiele und schnappten den Saints noch den Titel in der NFC South weg. Die junge Quarterback-Hoffnung Cam Newton hat sich nach einem schweren zweiten Jahr gefestigt, dominiert haben die Panthers aber vor allem durch ihre Defensive um Linebacker Luke Kuechly. Nur durchschnittlich 15 Punkte ließen sie pro Spiel zu, der zweitbeste Wert in der NFL. Um den Siegeszug auch in den Playoffs fortzusetzen, könnte es vielleicht an Erfahrung fehlen. Doch mit einem Freilos in der ersten Runde und dann Heimvorteil im Conference-Halbfinale stehen die Chancen nicht allzu schlecht. 

Eine regelrechte Alptraum-Saison erlebten die bereits erwähnten Atlanta Falcons, die im letzten Jahr noch haarscharf an der Super-Bowl-Teilnahme vorbeigeschrammt waren. Nach ein paar knappen Niederlagen zu Saisonbeginn und einer drastischen Verletzungsserie ging irgendwann gar nichts mehr. Auch die Washington Redskins enttäuschten auf ganzer Linie. Quarterback-Talent Robert Griffin III, letzte Saison Rookie des Jahres, wurde nach seiner schweren Knieverletzung wohl zu früh wieder eingesetzt und verheizt. Ebenfalls im vorzeitigen Urlaub befinden sich u.a. die New York Giants, Super-Bowl-Champion 2012, sowie die Dallas Cowboys.

Axel Gustke 

Zum Playoff-Modus in der NFL: In beiden Conferences qualifizieren sich zunächst die vier Division-Sieger für die Playoffs. Die beiden besseren dieser vier sind automatisch für das Conference-Halbfinale gesetzt, die anderen beiden spielen in der Wildcard-Runde gegen die zwei Teams, die von den Nicht-Division-Siegern die beste Bilanz hatten. Die Sieger der Halbfinals spielen im Conference-Finale, wer sich dort durchsetzt, spielt im Super Bowl gegen den Sieger der anderen Conference. Gespielt wird im K.O.-System mit jeweils nur einem Match pro Runde, es gibt also keine Serien („Best of Five“ o.ä.) wie in den anderen US-Sportarten.

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