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Auszeit. Die Toronto Maple Leafs legten zuletzt eine rabenschwarze Serie hin.

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Big Four - Die US-Sport-Kolumne: O Canada!

Die Hauptrunde in der National Hockey League (NHL) geht in ihre entscheidende Phase. Den kanadischen Teams droht dabei ein Desaster von historischer Dimension.

Kanada ist ein ebenso stolzes wie verrücktes Eishockeyland. Als im Herbst 2012 der Spielbetrieb in der National Hockey League (NHL) ruhte, herrschte zwischen Montreal und Vancouver fast schon Staatstrauer. Die Zeitungen berichteten auf Seite eins über den Fortgang des Streiks zwischen Spielern und Eigentümern. Nationalidol Wayne Gretzky musste fast schon stündlich Wasserstandsmeldungen abgeben, wann denn nun wieder gespielt werden könne. In Kneipen trafen sich Selbsthilfegruppen und debattierten darüber, wie das alles bloß auszuhalten sei. Und als dann endlich der Puck wieder über das Eis in den Hallen der Profiklubs schlitterte, war das eine Art vorzeitiger Frühling.

Dabei ist längst nicht alles Gold was glänzt. Abgesehen von den fast schon zur Gewohnheit gewordenen Olympiasiegen von Team Kanada gibt es auf Klubebene nicht viel zu feiern. Mittlerweile ist es über 20 Jahre her, seit letztmals ein kanadisches Team den Stanley Cup holte. 1992/93 gewannen die Montreal Canadiens die Meisterschaft in der NHL - seither gehen die Titel in der nordamerikanischen Eishockeyliga Jahr für Jahr an Mannschaften aus den USA.

Dabei spielen mittlerweile wieder sieben Teams aus Kanada in der NHL, doch denen droht das schlechteste Abschneiden in der Liga seit 1973. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass wie damals nur ein kanadischer Klub die Play-offs erreicht. Die Montreal Canadiens haben ihren Platz unter den besten Acht der Eastern Conference bereits sicher. Als Titelanwärter gelten sie allerdings nicht unbedingt, zumindest aber geht die Saison für die "Habs" nach dem Ende der Hauptrunde noch ein bisschen weiter. Die anderen sechs Klubs sind entweder schon gescheitert oder stehen kurz davor. Chancenlos sind bereits die Edmonton Oilers und die Calgary Flames. In der Gesamttabelle der NHL stehen die Klubs unter 30 Teams auf den Plätzen 29 und 27. Gerade in Edmonton ist die Enttäuschung riesig, verfügt die Mannschaft doch über einen enorm talentierten Kader. Aber das junge Team macht in seiner Entwicklung kaum Fortschritte.

Die Toronto Maple Leafs werden in der Eastern Conference durchgereicht

Eng wird es für die Winnipeg Jets, die Ottawa Senators, die Vancouver Canucks und auch für die Toronto Maple Leafs. Gerade für das beliebteste Team in ganz Kanada verliefen die vergangenen Wochen geradezu dramatisch. Aus einem ehemals komfortablen Vorsprung im Play-off-Rennen ist nach zwischenzeitlich acht Niederlagen in Folge mittlerweile ein Rückstand geworden. Dabei hat man in Toronto nach einigen Kapriolen in jüngerer Vergangenheit zuletzt wieder besser gearbeitet und im Vorjahr endlich auch einmal wieder die Play-offs erreicht. Doch 2014 droht ein bitterer Rückschlag.

Doch woran liegen die Probleme? Vieles ist hausgemacht. In Vancouver beispielsweise hat man eine Mannschaft, der 2011 nur ein Sieg zur Meisterschaft fehlte, durch merkwürdige Transfers beinahe schon systematisch verschlechtert. Calgary befindet sich seit Jahren im Umbruch, den Jets in Winnipeg fehlt Konstanz und Tiefe im Kader. Ottawa wiederum blieb einfach unter den eigenen Möglichkeiten, den Senators hätte man deutlich mehr zugetraut.

Nur wenige Spieler aus dem kanadischen Olympiasiegerteam spielen in der Heimat

Fakt ist aber, dass die besten kanadischen Eishockeyspieler derzeit bei US-Klubs unter Vertrag stehen. Im Kader des Olympiasiegers von Sotschi standen gerade einmal vier Spieler, die in Kanada ihr Geld verdienen. Und einzig Torwart Carey Price (Montreal) darf davon auch als absoluter Leistungsträger bezeichnet werden. Auch Erfolgscoach Mike Babcock, der Team Kanada schon 2010 zu Gold führte, arbeitet nicht in seiner Heimat, sondern bei den Detroit Red Wings. Dabei taugt das Argument vom im Vergleich zur US-Währung schwachen kanadischen Dollar schon lange nicht mehr. Jedenfalls sind aktuell keine Beispiele von Spielern bekannt, die sich partout weigern in Kanada zu spielen.

Zudem haben chronisch schlechte Mannschaften in der NHL immer gute Möglichkeiten, sich über den Draft die vermeintlich stärksten Nachwuchsspieler zu sichern. Doch das Beispiel Edmonton zeigt auch, dass manchmal selbst die größten Talente noch kein Garant für Erfolge sind. Und somit bleibt den Kanadiern in diesem Frühjahr wohl wieder einmal nur übrig, für ihre Spieler in US-Klubs zu jubeln - und darauf zu hoffen, dass es diesseits der Grenze vielleicht in der nächsten Saison endlich besser wird.

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