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Beutestück aus der Zweiten Liga. Trainer Markus Babbel hat sich in Berlin mehr als bewährt und wird auch in der Ersten Liga die sportlichen Geschicke lenken.

© Harald Ottke

Bilanz: Hertha muss Wiederaufstieg teuer bezahlen

Was Hertha BSC die eine Saison in der Zweiten Liga gekostet hat und was die Berliner in die Erste Liga mitnehmen können: Finanziell und emotional.

Berlin - Nun also Augsburg. Das letzte Spiel für Hertha BSC in der Zweiten Liga. Das Halali mit Aufstiegssause. Eigentlich geht es am Sonntag im längst ausverkauften Olympiastadion um nichts mehr, selbst der Gegner steht als zweiter Aufsteiger hinter den Berlinern fest. Sie kriegen jetzt noch die radkappengleiche Meisterschale. Und dann? Geht es wie so oft auch ums liebe Geld.

Für den Titel allein wird sich Hertha nichts kaufen können. Im Gegenteil, den Wiederaufstieg haben die Berliner teuer bezahlen müssen. Vielleicht werden die zu zahlenden Prämien für die Spieler sogar noch wachsen, wenn Hertha Augsburg schlägt und am Ende in der Tabelle auf stolze 74 Punkte kommen sollte. Neben dem schönen Gefühl, künftig wieder bei den Großen mitspielen zu dürfen, sind es neben allen Hoffnungen und Vorfreuden auch die Kosten, die bleiben. Sie werden sich zu einem hohen, einstelligen Millionenbetrag summieren. Aber man kann es auch anders sehen: Nicht den Aufstieg muss Hertha teuer bezahlen, sondern den vorhergehenden Abstieg.

Nachdem Hertha im vorigen Sommer die Scherben zusammengekehrt hatte, die der Abstieg nach 13 Jahren Bundesliga verursacht hatte, startete der Klub in eine ungewisse Zukunft. Sportlich, vor allem aber wirtschaftlich. Markus Babbel stand frühzeitig als neuer Trainer fest, mit dem das Abenteuer sofortiger Wiederaufstieg angegangen werden sollte. Besonderes Augenmerk aber galt jenen Spielern, die unter allen Umständen gehalten werden sollten, wie Raffael und Ramos. Zu den Umständen von damals gehörten zusätzliche finanzielle Zielvereinbarungen, die der Klub mit den Spielern, die von Bundesligisten umworben waren, aushandelte.

Der brasilianische Spielmacher Raffael, der anders als etwa Ramos auf einen Teil seiner Erstligabezüge verzichten musste, tat das unter der Bedingung, dass er im Aufstiegsfall kräftig kassieren kann. 400.000 Euro soll er dem Vernehmen nach nun erhalten. Und damit 100.000 Euro mehr als Trainer Babbel für das Erreichen des Saisonziels. Darüber hinaus erhalten alle Spieler, die am Aufstieg mitgewirkt haben, individuell ausgehandelte Extra-Prämien sowie normale Punktprämien zwischen 2000 und 5000 Euro. Einige Spieler kommen hierbei auf sechsstellige Zusatzeinnahmen. Im Schnitt kostet jeder Punkt, den Hertha auf dem Konto hat, den Verein rund 40 000 Euro. Allein hierfür wird Hertha knapp drei Millionen Euro auszahlen müssen.

Aber auch für die Geschäftsführung, Manager Michael Preetz und Finanzvorstand Ingo Schiller, lohnt sich der Aufstieg. Beide hatten für das eine Jahr Zweite Liga auf einen erheblichen Teil ihrer Bezüge (jeweils 40 Prozent) verzichtet, mit dem Aufstieg werden beide wieder voll entlohnt.

Es war keine einfache Entscheidung, ins wirtschaftliche Risiko zu gehen, bekanntermaßen ächzt der Klub seit Jahren unter einer erheblichen Schuldenlast und die Einnahmesituation bleibt auf Jahre beeinträchtigt. Dank der jüngsten Acht-Millionen-Euro-Spritze eines geheimen Investors haben sich die Schulden auf 31 Millionen Euro reduziert.

Die kommende Bundesligasaison geht Hertha mit einem Etat von 54 Millionen Euro an. Zum Vergleich: Der Etat der Zweitligasaison lag bei rund 45 Millionen Euro, der Etat der bislang letzten Bundesligaspielzeit 2009/10 bei rund 75 Millionen Euro. Fairerweise soll nicht verschwiegen werden, dass hier auch Transfererlöse reinspielen. Dank der Transfereinnahmen im vergangenen Sommer, vor allem für Gojko Kacar (5,5 Millionen) und Arne Friedrich (3 Millionen), kann Hertha die Aufstiegs- und Punktprämien im bis zum 30. Juni laufenden Geschäftsjahr begleichen. „Alle diese Kosten sind im laufenden Etat berücksichtigt und gedeckt“, sagt Herthas Finanzchef Ingo Schiller.

Einzig die Rückzahlung der vom Senat für die Nutzung des Olympiastadions gestundeten Kosten gehen zulasten des Etats der kommenden Saison. Hertha muss wegen noch älterer Rückstände und Zinsen rund 3,5 Millionen Euro aufbringen. Genaueres wird am Montag auf der Mitgliederversammlung zu erfahren sein.

Andererseits darf Hertha als Bundesligist wieder mit deutlich mehr Fernsehgeld rechnen. Statt der neun Millionen Euro, die Hertha als Zweitligist erhalten hat, dürfen mindestens 15 Millionen Euro in der Bundesliga eingeplant werden. Auch die Zuwendungen von den Klubsponsoren werden steigen, allein der Hauptsponsor Deutsche Bahn wird für das kommende Bundesligajahr 4,5 statt bisher drei Millionen Euro zahlen. Hinzu könnten eventuelle Transfererlöse kommen, wenn Hertha den einen oder anderen Spieler verkaufen könnte. Dafür soll allerdings auch der Personaletat von derzeit knapp 17 Millionen Euro auf vermutlich 22 oder 23 Millionen Euro steigen.

Steigen werden auch in jedem Fall die Anforderungen an das Personal. Hertha wird vermutlich keine großen Zukäufe tätigen können. Man ist angewiesen, durch kluge Leihgeschäfte oder geschickte Verpflichtungen von ablösefreien und entwicklungsfähigen Spielern – wie zuletzt den 23 Jahre alten Torwart Thomas Kraft – die Qualität zu heben. Oder, wie offenbar gegenwärtig versucht wird, eine in der Zweiten Liga bewährte Kraft wie Stürmer Pierre-Michel Lasogga längerfristig an den Verein zu binden. Gerstern gab Hertha bekannt, dass Nachwuchsspieler John Anthony Brooks mit einem Vierjahresvertrag ausgestattet wurde.

Eine Frage wird auch sein, wie weit der zuletzt geholte Schwung die Berliner durch die Bundesliga wird tragen können. Wirtschaftlich und fußballerisch ist der Verein durch das Zweitligajahr nicht von der Stelle gekommen. Profitieren könnte Hertha dagegen von einem neuen Teamgeist und einem neuen Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen Team und Anhang. In Sachen Akzeptanz hat Hertha in bisher schwer zugänglichen Teilen der Stadt punkten können. Diesen emotionalen Schwung muss Hertha mitnehmen und auf die positive Entwicklung innerhalb des vorhandenen Personals setzen. Dann könnte sich sogar das Zweitligajahr als Gewinn herausstellen.

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