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Sport: Blasser Glanz

Wie Brasiliens Fußballstars in Dortmund auftraten

Ein paar hundert in rot-weiße Fahnen gehüllte Fans hatten sich vor der Nordkurve des Dortmunder Stadions versammelt, von Zeit zu Zeit schallten einige Sprechchöre „Türkiye, Türkiye“ durch die schwüle Abendluft, am Rande des Geschehens schossen ein paar Offizielle Fotos von zwei Samba-Schönheiten. Kein Vergleich zu jenem Trubel, der im vorigen Jahr beim unvergesslichen WM-Spektakel geherrscht hatte. Dabei war am Dienstagabend Großes avisiert worden: Brasiliens Nationalelf hatte sich angesagt, das schillerndste Produkt also, das der Fußball auf diesem Globus zu bieten hat. Doch selbst die Strahlkraft der legendären Selecao ist nicht unendlich. Das Testländerspiel gegen die Türkei wurde nicht zu der erwarteten rauschenden Gala. 0:0 endete der müde Kick zweier technisch beschlagener Mannschaften, die ihre Fähigkeiten weitgehend gut zu verbergen wussten. Nur 26 700 Zuschauer wollten in einem Stadion dabei sein, das bei den Heimspielen von Borussia Dortmund zuletzt dreimal in Folge 81 000 Besucher angelockt hatte.

Kein Wunder, dass sich viele der fußballverrückten Türken den Besuch des Spiels ersparten – bei Eintrittspreisen zwischen 33 und 82 Euro. Vor dem Spiel warfen die Veranstalter die Karten noch schnell zum Discount-Angebot (drei kaufen, zwei zahlen) auf den Markt. Er sei „überrascht gewesen, wie wenig deutsche Zuschauer da gewesen sind“, sagte Philipp Grothe von der Schweizer Agentur Kentaro Group, die den Auftritt der Brasilianer vermarktete. Offensichtlich sei der Konsument „nach dem Bundesliga-Showdown und dem DFB-Pokalfinale ein wenig übersättigt“. Man habe die Tickets „zu volkstümlichen Preisen angeboten“, befand der Vermarkter: „Brasilien ist nun mal fünffacher Weltmeister, und die Leute zahlen für Robby Williams ja auch 150 Euro.“

Dortmunds Youngster Nuri Sahin fand den müden Kick alles in allem „super, auch wenn es nicht so voll war wie bei unseren Spielen mit dem BVB“. Der Neu-Stuttgarter Yildiray Bastürk hatte auf dem Rasen gar „eine großartige Unterstützung“ wahrgenommen. „Es ist halt nicht so einfach, solch ein Stadion vollzumachen.“ Auch die Leistungsbereitschaft der Brasilianer bewegte sich im überschaubaren Rahmen. Nationaltrainer Carlos Dunga ließ die Stars Ronaldinho und Kaka anfangs auf der Bank. Eine Retourkutsche für die Absage für die kontinentalen Titelkämpfe. Per Fax hatten sich die Superstars vom FC Barcelona und vom AC Mailand abgemeldet und mitgeteilt, sie seien urlaubsreif. Obwohl er den Auftritt seiner Spieler „nicht genossen und mehr erwartet“ habe, hatte der frühere Stuttgarter Dunga für seine Bundesligaprofis Naldo, Diego (beide Bremen), Mineiro, Gilberto (beide Hertha BSC) und Juan (Leverkusen) Lob parat: „Alle sind gute Spieler, sie dürfen wiederkommen.“ Sie wurden am Tag nach dem Spiel auch allesamt in den endgültigen Kader für die Südamerika-Meisterschaft in Venezuela (26. Juni bis 15. Juli) berufen. Kaka und Ronaldinho sind hingegen nicht dabei.

Für insgesamt 24 Freundschaftsspiele hat die „Kentaro Group“ Brasiliens Nationalmannschaft bis zur WM 2010 unter Vertrag genommen. 15 dieser Spiele – unter anderem auch das in Dortmund – firmieren unter dem Motto „Brazil World Tour“. Das Gesamtvolumen des Deals mit dem brasilianischen Fußball-Verband CBF wird auf umgerechnet rund 30 Millionen Euro geschätzt. In Dortmund ging die Rechnung trotz der mangelhaften Zuschauerresonanz auf. 60 Fernsehstationen übertrugen das Spiel weltweit in über 100 Länder und „unser zweites Standbein ist das Sponsoring“, so Grothe. „Von den Ticketeinnahmen sind wir weitgehend unabhängig.“

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