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Sport: Blatter lenkt ein

Fifa-Chef reagiert auf Beckenbauers Kommerzkritik „Maximale Vermarktung wird nicht angestrebt“

Berlin - Die von Franz Beckenbauer angestoßene Debatte über den zunehmenden Kommerz beschäftigt jetzt den Fußball-Weltverband Fifa. „Es geht hier nicht um die Kommerzialisierung des Fußballs“, sagte Fifa-Präsident Joseph Blatter dem Tagesspiegel. „Wichtig ist eine Partnerschaft zwischen Fußball, Wirtschaft und Fernsehen, die für alle Seiten vorteilhaft ist.“ Beckenbauer hatte in einem Interview mit dieser Zeitung eine Grundsatzreform des Fußballgeschäfts gefordert. „Der Fußball braucht eine generelle Reinigung. Man sollte über die Grenze des Geldverdienens reden“, hatte Beckenbauer gesagt. Blatter, der derzeit in München den Fifa-Kongress vorbereitet, deutete eine Selbstbeschränkung bei der Vermarktung von Weltmeisterschaften an: „Wir werden auf das Optimum setzen, nicht auf das Maximum.“ Bei einem Pressegespräch in Zürich vor knapp zwei Wochen hatte Blatter bereits weniger strenge Richtlinien angekündigt: „Es wird Veränderungen beim Pflichtenheft geben.“ Das Fifa- Pflichtenheft schreibt unter anderem Bau und Vermarktung der Stadien vor.

An der Spitze des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) wurden die Äußerungen Beckenbauers begrüßt. „Wir sind in der Vermarktung des Fußballs bei dieser Weltmeisterschaft an eine Grenze gekommen“, sagte DFB-Präsident Theo Zwanziger auf Nachfrage. Dass die Kinder, die mit den Nationalmannschaften ins Stadion einlaufen, oder die Münzen für die Seitenwahl von Sponsoren präsentiert werden, schade der Akzeptanz des Fußballs. In den Stadien dürfe den Zuschauern nicht vorgeschrieben werden, welche Produkte sie zu essen und zu trinken hätten. „Nicht alles, was vermarktet werden kann, muss auch vermarktet werden“, mahnte Zwanziger.

Auf Zustimmung in der Politik stieß die Kritik von WM-Organisationschef Beckenbauer am Geschäftsgebaren der Fifa. „Ich fühle mich in meinem Eindruck von Strukturen und Kommerz der Fifa bestätigt“, sagte Peter Danckert (SPD), der Vorsitzende des Sportausschusses im Bundestag. „Die Überinterpretation der Marketingrechte durch die Fifa hat nicht dazu beigetragen, dass die Stimmung in Deutschland vor der WM gestiegen ist.“ Stattdessen habe sich der Eindruck breit gemacht, der Verband sei übermächtig. Auch CDU-Sportpolitiker Klaus Riegert mahnte Bescheidenheit an. „Die Marketingregeln der Fifa bringen einen schon zum Nachdenken“, sagte Riegert. „Man hat das Gefühl, der Fußball bewegt sich im Grenzbereich.“ Beckenbauer hatte von der Fifa eine bessere Kommunikation verlangt. „Man muss mehr miteinander reden. Die Fifa ist der Veranstalter, wir sind der Ausrichter. Aber letztlich sind wir doch Partner.“ In einzelnen Projekten gehe es seitens der Fifa harsch zu. Blatter sei ein Mann der Kommunikation, „aber die Leute, die für ihn arbeiten, haben manchmal einen unguten Ton drauf: Wir sind die Fifa, wir bestimmen!“ Danckert monierte, das Umfeld Blatters gehe „viel zu rigide“ gegen WM-Initiativen kleiner Firmen vor. Den Schutz der Marke „Fußball WM 2006“ hatte erst der Bundesgerichtshof gestoppt.

Einigkeit über Reformbedarf besteht in der Sportpolitik offenbar in der Frage der Spielertransfers. „Beim Klubfußball haben wir einige Verstöße festgestellt“, rügte nun auch Blatter. „Diese werden wir im Rahmen unserer Task Force untersuchen und behandeln.“ Die von der Fifa eingerichtete Task Force „For the good of game“ soll gegen Regelverstöße im Fußballgeschäft vorgehen, ihre Wirksamkeit wird jedoch innerhalb des Verbandes unterschiedlich bewertet. Beckenbauer hatte beklagt, dass im Fußball zu viele Beteiligte die Hand aufhalten würden. „Wenn man die Spielervermittler sieht, die die Spieler hin und her schieben, wenn man merkt, dass jeder die Hand aufhält, macht mich das traurig“, hatte Beckenbauer gesagt. Einige Manager und Trainer verdienten an Transfers, „sogar Präsidenten und Politiker, alle sind verwickelt“.

Die Vereinigung der Vertragsfußballer (VdV), die deutsche Spielergewerkschaft, mahnte am Donnerstag mehr Transparenz bei Transfers an. „Es muss klare Regeln und Sanktionen geben“, forderte VdV-Sprecher Ulf Baranowsky. „Unseriöse Spielervermittler müssen aussortiert werden, Vereinsfunktionäre oder Trainer dürfen nicht an Transfers mitverdienen.“ Bisher gebe es über solche Praktiken viele Gerüchte, aber wenige Beweise.

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