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Sport: Bleibt alles anders

Das System soll sich nicht ändern, wohl aber die Aufstellung: Deutschlands Teamchef Rudi Völler sucht einen zweiten Stürmer

Der bunte Bus, der die deutsche Nationalmannschaft durch die Sonne Portugals schaukelt, trägt einen hübschen Slogan. „Wir bringen die Sache ins Rollen“, steht darauf in großen Buchstaben geschrieben. Wer aber die Sache auf dem Rasen ins Rollen bringen wird, steht noch nicht fest. Gegen Holland hat Teamchef Rudi Völler noch auf einen Ein-Mann-Sturm gesetzt, am Samstag im zweiten Gruppenspiel gegen Lettland aber benötigt das Team eine offensivere Ausrichtung. „Mit ein bisschen mehr Torgefahr werden wird das Spiel gewinnen“, sagt Völler.

Doch ein bisschen mehr Torgefahr wird vermutlich nicht ausreichen gegen das defensive Bollwerk der baltischen Spieler. Die Strategie der Letten ähnelt sogar der deutschen: Hinten dicht halten und vorne hilft der liebe Gott. Doch diesmal soll sich daran etwas ändern. „Unsere Mannschaft wird ein anderes Gesicht haben“, erzählt Rudi Völler. Fragt sich nur, wer auf deutscher Seite die Tore erzielen soll. Dass Kevin Kuranyi im Unterschied zum Spiel gegen Holland einen Sturmpartner erhalten wird, ist für Völler selbstverständlich. Wer das sein wird, sagt der Teamchef nicht. „Der Fredi Bobic ist ganz gut drauf, aber die anderen Stürmer ziehen auch ganz gut mit.“ Für den Berliner Mittelstürmer spricht, dass er einen psychisch stabileren Eindruck hinterlässt als beispielsweise Miroslav Klose. Auch Thomas Brdaric von Hannover 96 bewies im Training, dass er seine Torgefährlichkeit zurückgewonnen hat. „Wir haben viele Optionen“, sagt Völler.

Dass die Letten eine eher das Spiel zerstörende Taktik verfolgen werden, kommt den Deutschen nicht gelegen. „Uns liegen solche Spiele nicht“, sagt Bundestrainer Skibbe. Diese Spiele würden keinen spielerischen Glanz verbreiten, weil die Deutschen zunächst dem eigenen Tor Aufmerksamkeit schenken, und erst, wenn das gesichert ist, interessiert das des Gegners. „Davon werden wir uns nicht mehr abbringen lassen“, sagt Oliver Kahn. Daher werde man mit dem gleichen System wie gegen Holland spielen, „nur mit einer viel offensiveren Ausrichtung“, wie Skibbe sagt.

Auch Bastian Schweinsteiger spielt in den personellen Überlegungen des deutschen Trainergespanns eine Rolle. Mit seiner Unbekümmertheit vor dem gegnerischen Strafraum sei er eine Belebung. Und die braucht die deutsche Offensive, um die beiden dicht gestaffelten Viererketten der Letten zu überrumpeln.

„Wir müssen sie schlagen“, sagt der Berliner Abwehrspieler Arne Friedrich, „sonst geraten wir unnötig unter Druck.“ Die Deutschen wollen vermeiden, dass sie die Tschechen im letzten Gruppenspiel unbedingt schlagen müssen. „Auch wenn uns die Tschechen sicher eher liegen“, wie Michael Ballack sagt. Er würde ein Mitwirken Schweinsteigers befürworten. „Ich brauche spielstarke Mitspieler.“

Auf die positive Grundstimmung nach dem 1:1 gegen Holland will sich Völler nicht verlassen. Es sei zwar wichtig, „zu spüren, dass man in der Heimat wieder an uns glaubt“, sagt der Teamchef. Das fördere den Teamgeist und gebe Selbstvertrauen. „Aber Tore schießen immer noch Personen.“ Auf die Frage, ob seine Mannschaft denn etwas für eine vielleicht am Ende noch entscheidende Tordifferenz tun wolle, reagiert Völler leicht gereizt. „Erst mal müssen wir probieren zu gewinnen.“ Als warnendes Beispiel führt er die Schweden an, die bei dieser Europameisterschaft bislang positiv überraschten. Diese haben von den letzten sechs Spielen nur eines verloren: gegen Lettland.

Bloß keine Selbstzufriedenheit aufkommen lassen, lautet Völlers Credo der letzten Stunden vor dem Spiel. Seine Elf ist der Favorit, von dem ein klarer Sieg erwartet wird. Das mache leichtsinnig. „Aber mit 70 oder 80 Prozent unserer Möglichkeiten können wir keinen Gegner besiegen.“

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