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Sport: Bloß nicht zu viel jubeln

Spanien feiert Stürmer David Villa – mehr nicht

Madrid - Es hat nicht viel gefehlt und David Villa hätte es in die Tiefe verschlagen. Denn als kleiner Junge wollte der Spanier Kohlekumpel werden genau, wie sein Vater. Doch der erkannte ein ganz anderes Potenzial in seinem Sohn: das eines wendigen und dennoch geradlinigen Stürmers. Und am Dienstagabend hat er diese Qualitäten unter Beweis gestellt. Mit seinen drei Toren gegen Russland hat Villa Spanien nicht nur einen optimalen Turnierauftakt beschert, sondern die „Seleccion“ auch gleich in die Position eines Titelanwärters bei der Europameisterschaft katapultiert.

Eine Rolle, die den Spaniern aber nicht so richtig gelegen kommen dürfte. Zu oft schon sind sie furios in große Turniere gestartet, um dann ebenso tragisch zu scheitern. Die letzte bittere Erinnerung daran haben sie von der Weltmeisterschaft 2006. Auch David Villa kann sich noch gut erinnern. Damals waren es allerdings nur zwei Tore, mit dem er ins Turnier gestartet war. 4:0 besiegten die Spanier in ihrem ersten Spiel die Ukraine. Für ihre offensive Spielweise wurden sie nicht nur zu Hause gefeiert. Doch im Achtelfinale war der Zauber wieder einmal frühzeitig vorbei – und das, obwohl auch da Villa seine Mannschaft gegen Frankreich mit 1:0 in Führung geschossen hatte. Doch am Ende stand es 1:3. Diesmal waren es wieder Villa, wieder vier Tore und wieder eine osteuropäische Mannschaft zum Auftakt. Doch Spanien hat daraus eine Lehre gezogen: Bloß kein zu großer Jubel. Zwar feiert die spanische Presse den dreifachen Torschützen. „Villa lässt uns träumen“ titelt die Sportzeitung Marca beispielsweise. Aber auch die Schwächen in der Abwehr sind den Beobachtern nicht entgangen. „Vielleicht klagen wir in ein paar Tagen wieder“, warnt die Zeitung. Auch Trainer Luis Aragones stimmt die ganz großen Töne nicht an: „Das 4:1 gibt die Sicherheit, die man braucht. Der Sieg ist gut für die Moral“, sagt er. Mehr nicht. Der dreifache Torschütze ist da schon etwas zuversichtlicher. „Dieser Erfolg bedeutet schon die halbe Miete“, sagte der 26-Jährige und will doch nicht zu euphorisch werden. „Wir haben nur einen kleinen Schritt getan. Wenn wir nicht gut weiterspielen, können wir immer noch in der Gruppenphase ausscheiden. Wir müssen weiter arbeiten, um weiter zu gewinnen“, sagte er einem spanischen Radiosender.

Der Einsatz von David Villa ist in seiner Heimat nicht unumstritten, was aber weniger an ihm, sondern an Cesc Fabregas liegt. Den würden viele lieber als zusätzlichen Mittelfeldspieler in der Mannschaft sehen, in der Qualifikation und in der Vorbereitung überzeugte Spanien mit der einzigen Spitze Fernando Torres. Doch der spanische Trainer gab Villa den Vorzug, und das Spiel gab ihm recht. Gerade das Zusammenspiel zwischen Villa und Fernando Torres sowie Andres Iniesta klappte sehr gut. Villa ist ein Stürmer, der blitzschnell zum Abschluss kommt. Cesc Fabregas kam in der zweiten Hälfte für Torres und fügte sich mit einem Tor ebenfalls gut ins spanische Spiel ein. Die Effektivität des Stürmers Villa ist auch beim FC Valencia gefragt, wo er seit 2005 spielt. Zuvor schoss er seine Tore für Real Saragossa. Spanische Medien mutmaßen nach dem Auftritt Villas gegen Russland bereits, dass auch der FC Barcelona Interesse an ihm bekundet habe.

Villa musste aber am Dienstagabend gegen Russland auch die Erfahrung machen, dass nicht nur die Arbeit unter Tage, wie sie sein Vater fast 25 Jahre betrieben hat, gefährlich ist, sondern auch eine der schönsten Sachen der Welt: der Torjubel. Weil seine Mannschaftskollegen so stürmisch auf ihn zu rannten, konnte er seine Finger nicht mehr rechtzeitig in Sicherheit bringen. Das Ergebnis des unbeschwerten Jubels: Zwei Finger brachen und mussten bandagiert werden. Tsp

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