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Sport: Blues im Geißbockheim

Vor dem Spiel bei Hertha BSC bemüht der fast schon abgestiegene 1. FC Köln erfolgreichere Zeiten

Der Karneval ist vorbei, aber das ist nicht der Grund dafür, dass im Vereinsheim des 1. FC Köln schwermütige Stimmung herrscht. Der Blues herrscht im Geißbockheim, benannt nach dem Maskottchen der Kölner, schließlich nicht erst seit Aschermittwoch, sondern schon seit Wochen. Während zu Beginn der Saison in der Fußball-Bundesliga noch Massen zum Training des 1. FC Köln strömten, tauchen inzwischen nur noch ein paar Rentner auf. Es macht wenig Spaß, die Kölner Profis zu beobachten. Im Training gibt es nicht viel zu sehen, und die Spiele der Kölner sind sowieso häufig eine Zumutung.

Spätestens nach dem 0:3 gegen den Erzrivalen Leverkusen, für Kölner Fans die größtmögliche Demütigung, ist jedem eingefleischten FC-Anhänger klar, wie schwierig der Kampf um den Klassenerhalt geworden ist. Die Kölner liegen auf dem letzten Tabellenplatz, aber es sind nicht nur die sechs Punkte Rückstand auf einen Nicht-Abstiegsplatz, die rheinischen Frohsinn in Köln verbieten. Extrem frustrierend ist vor allem diese Serie – seit 18 Spielen ist der FC ohne Sieg. Und heute könnte die nächste Pleite kommen. Da trifft Köln in Berlin auf Hertha BSC (15.30 Uhr, Olympiastadion).

Am Donnerstag hat Manager Michael Meier, sich öffentlich mit der Situation des Vereins auseinander gesetzt. Dabei landete der frühere Manager von Borussia Dortmund bei der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Hertha BSC bald bei der glorreichen Vergangenheit. Meier sprach zwar nicht von den blütenweißen Trikots, mit denen der FC sich vor rund 40 Jahren an Real Madrid orientierte. Aber Meier erinnerte an die erfolgreiche Zeit, in der er in den Achtzigerjahren in Köln seinen ersten Managerposten im Fußball hatte. Als er jetzt nach Köln zurückkehrte, war er überrascht. „Ich konnte es kaum glauben, dass das der 1. FC Köln ist“, sagte Meier. Er hatte den Klub immer noch mit jener Zeit verbunden, „in der es hier aus jeder Pore nach Erfolg roch“.

Heute hingegen, sagte Meier, traue keiner mehr dem Verein irgendetwas zu. „Da ist eine Mauer des Misstrauens.“ Meier versuchte, diese Mauer rhetorisch einzureißen. Wenn man will, so lautete sein Credo, kann man sich auch aus einer schwierigen Situation befreien. Und dann verwies er auf den 1. FC Kaiserslautern, der auch gegen den Abstieg kämpft und zuletzt dreimal in Folge gewonnen hat. „Das ist das beste Beispiel dafür, dass ich keinen Unsinn rede“, sagte Meier.

Doch die Defizite des 1. FC Köln kann er damit nicht wegargumentieren. Der Nationalstürmer und Fan-Liebling Lukas Podolski zum Beispiel läuft seiner Bestform seit Wochen hinterher. Trotzdem, betonte Kölns Trainer Hanspeter Latour, werde Podolski auch gegen Hertha BSC spielen. Und die Abwehr und das defensive Mittelfeld des 1. FC Köln sind auch nach der Verpflichtung von Boris Zivkovic, der vom VfB Stuttgart ausgeliehen wurde, so anfällig wie in der Vorrunde.

In Berlin stehen die Chancen, dass gerade die Abwehr stabiler auftritt als bisher, nicht besonders gut. Denn sowohl Außenverteidiger Roland Benschneider als auch Innenverteidiger Alpay sind gesperrt. Wie blank bei dem türkischen Nationalspieler Alpay die Nerven liegen, zeigte die Gelb-Rote Karte, die er im Spiel gegen Leverkusen erhalten hatte. Nachdem der Klub ihm unter der Woche „professionelle Beratung“ angeboten hatte, sahen die Kölner Boulevardzeitungen Alpay schon auf der Couch eines Psychologen – was der als ehrenrührig empfindet. „Ich bin sehr traurig, seit ich erfahren habe, was in den Zeitungen steht“, sagte Alpay, „das hat mich gekränkt.“

Trainer Latour hat bisher drei Unentschieden in sechs Spielen erreicht, eine Bilanz, die alles andere als begeisternd ist. Doch in der tristen Gesamtsituation sieht der Kölner Trainer sogar einen psychologischen Vorteil. „In den Medien sind wir doch schon abgestiegen“, sagte er, und dieser Umstand könne bei seinen Spielern eine Trotzreaktion hervorrufen. Mit Genugtuung registrierte er deshalb auch, dass der Schweizer Ricardo Cabanas am Mittwoch nach Zuspiel durch seinen Landsmann Marco Streller im Länderspiel gegen Schottland ein wunderschönes Tor erzielte. Beide Profis stehen beim 1. FC Köln unter Vertrag. Nach diesem Auftritt brachte der Kölner „Express“ die Schlagzeile: „...und sogar Kölner können jubeln“. Mitunter klingt Latour aber auch so, als wollte er sich selber motivieren. „Es ist schwierig“, sagte der Trainer,„aber es ist noch nicht zu Ende.“ Das Ende allerdings ist nicht mehr fern.

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