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Bob

© dpa

Bobsport: Zurück zum Menschenverstand

"Zu langsam" – die Kritik am Viererbob stellte die Existenz der staatlichen Tüftler des FES in Frage. Die testeten nochmal und warten jetzt gespannt aufs Ergebnis – in Vancouver

Berlin - Dieses Fahrzeug ist für nichts anderes als den Sieg gebaut, es soll schneller ins Tal rasen als alle anderen. Und wer an seiner Entwicklung beteiligt war, schwärmt von ihm wie ein Junge von einem Rennwagen. „Wir haben die Aerodynamik verbessert, es gibt eine tolle Fahrwerksabstimmung, und wir haben ganz großen Wert auf Lenkbarkeit gelegt“, sagt Harald Schaale. Er ist Direktor des Instituts für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten, kurz FES, aus dem dieses Fahrzeug stammt, der deutsche Viererbob. Viererbobs sind schon einige Male in die olympische Geschichte gefahren, die „russische Zigarre“ zum Beispiel. Der schnellste Viererbob bei diesen Olympischen Spielen könnte wieder zur Legende werden. Denn der Wettbewerb findet auf der schnellsten Bobbahn statt, die es bisher gegeben hat.

Der deutsche Viererbob des FES wäre jedoch beinahe nicht einmal bis zum Start gekommen. Die Fahrer wollten ihn im vergangenen Jahr einfach nicht mehr. Die beiden deutschen Piloten André Lange und Thomas Florschütz beschwerten sich heftig, der Bob sei nicht schnell genug, und Florschütz sagt: „Wenn der André schon mal meckert, dann stimmt wirklich etwas nicht.“ Als „Staatsbob“ wurde der Vierer verspottet, weil das FES eben aus Steuergeld finanziert wird. Und Lange und Florschütz stiegen prompt in ein Privatfahrzeug um.

Das FES, eigentlich eine Medaillenschmiede des deutschen Sports, haben sie damit in eine kleine Krise gestürzt. Direktor Schaale sagt: „Das Gesamtwerk FES war beschädigt. Es ist sogar diskutiert worden, ob wir überhaupt noch Viererbobs entwickeln sollen.“ Die Frage stand auch im Raum, wofür denn das FES 4,8 Millionen Euro aus dem Etat des Bundesinnenministeriums bekomme. Inzwischen erzählt Schaale die Geschichte des Viererbobs mit einem feinen Lächeln. „So wie wir es prognostiziert haben, ist es auch gekommen“, sagt er. Sie haben einfach noch einmal neu nachgedacht. Ergebnis: „Wir sind zurück zum normalen Menschenverstand.“

Dann haben sie weiter geforscht und entwickelt, neue Tests gemacht, auch im Windkanal eines Automobilherstellers, mit Universitäten zusammengearbeitet und regelmäßig auch am Wochenende gearbeitet. „Wir haben uns ganz breit gemacht“, sagt Schaale. Mit dem Ergebnis, dass sie Olympiasieger Lange wieder zurückholen konnten und er in Vancouver mit ihrem Bob zu seinem dritten Olympiagold im Vierer fahren will.

So stark wie bei diesen Winterspielen war das FES nun noch nie vertreten. Alle Schlitten beim Rodeln und Skeleton kommen aus der Produktion des Instituts, das in Berlin-Oberschöneweide zu Hause ist, dazu alle Kufen der Eisschnellläufer – und bis auf zwei Vierer auch alle Bobs. Wie denn jetzt der Vierer von André Lange gegen die zwei deutschen Konkurrenten Florschütz und Karl Angerer sowie die Bobs der anderen Länder abschneidet, das ist für Schaale die spannendste Frage bei diesen Olympischen Spielen.

Gerade jetzt wäre ein Erfolg mit dem Viererbob ein besonders gutes Zeichen. Das FES will schließlich weiter wachsen. 60 Mitarbeiter haben sie inzwischen, aber es sollen bald 80 sein. Dann können sie nicht nur Prototypen zum Beispiel für die besten Bobpiloten bauen, sondern auch Kleinserien. Wenn nicht mehr nur drei Teams, sondern auch mal zehn in einem Bob des FES fahren dürfen, würde Bobfahren in Deutschland ein etwas breiterer Spitzensport.

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