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Borussia Dortmund: Jürgen Klopp: Der schmale Grat

Jürgen Klopps Ausbruch in Köln zeigt, wie wenig der Dortmunder Trainer manchmal seine Emotionen im Griff hat.

Wie viel Emotionen darf ein Trainer zeigen, ohne sich dem Verdacht auszusetzen, eine schlechte Kinderstube zu haben? Jahrelang war Christoph Daum in der Bundesliga der Protagonist dieses Diskurses. Wie ein Derwisch sprang Daum an der Linie auf und ab – seine Freunde rühmten ihn als nimmermüden Überzeugungstäter, seine Kritiker geißelten ihn als ungehobelten Proleten. Nun hat Jürgen Klopp die Diskussionen um adäquates Verhalten neben dem Spielfeld neu entfacht.

An Daums ehemaliger Wirkungsstätte in Köln wurde Dortmunds Trainer auf die Tribüne geschickt, bereits zuvor war der 42-Jährige unangenehm aufgefallen, weil er permanent reklamiert hatte. Die Dinge eskalierten, als der BVB in der dramatischen Schlussphase den scheinbar sicheren 2:0-Vorsprung verspielte. Klopp hatte beim Ausgleichstreffer von Kölns Manndecker Youssef Mohamad ein Foulspiel entdeckt und diese Meinung so lautstark kundgetan, dass sich Schiedsrichter Florian Meyer zum Handeln gezwungen sah. Auch nach dem Schlusspfiff war Dortmunds Trainer noch völlig aufgewühlt, als er vor die Fernsehkameras trat, ihm standen die Haare zu Berge: „Aus meiner Sicht war das gefährliches Spiel, und das habe ich gesagt“, sagte Klopp.

Auf dem Weg auf die Tribüne war der Trainer ebenfalls weit davon entfernt, durch vorbildliches Verhalten auffällig zu werden. Anstatt sich zu beruhigen, legte er sich mit einem Zuschauer an. Zur Deeskalation trug auch die kloppsche Jubelorgie nach dem unverhofften Dortmunder Siegtreffer in der Nachspielzeit nicht bei. Wie von der Tarantel gestochen raste Klopp die gesamte Sitzreihe lang, was die Kölner Zuschauer als erneute Provokation empfanden.

Es ist ein schmaler Grat, auf dem der Mann wandelt, der sich als Trainer und Fernsehexperte bislang viele Sympathien erworben hat. Klopp ist ein Überzeugungstäter, der seine Passion mit jeder Faser seines Körpers lebt. Doch wenn er weiterhin überzieht, läuft er Gefahr, seine Souveränität zu verlieren. Bereits im November 2008 war Klopp vom DFB mit einer Geldstrafe von 12 000 Euro sanktioniert worden, weil er nach der Niederlage in Hamburg auf den Schiedsrichter losgegangen war. Damals gab Klopp zu Protokoll, der Vorgang tue ihm leid, so etwas werde nicht mehr vorkommen. Nun droht dem Wiederholungstäter erneutes Ungemach: Der DFB teilte mit, Klopp werde zeitnah vom Kontrollausschuss angeschrieben und um eine Stellungnahme gebeten.

Nachdem die erste Aufregung verraucht war, gab sich der Trainer geläutert: „Wenn man solche Szenen bei anderen sieht, ist das ja ganz lustig“, sagte Klopp, „bei einem selbst empfindet man das eher als peinlich.“ Und eines Erziehungsberechtigten unwürdig: „Ich bin froh, dass meine Kinder schon größer sind und diese Dinge richtig einschätzen können.“ Zudem warb Klopp auch um Verständnis, indem er seinen Ausbruch auf den Spielverlauf schob: „Wie man solch eine Schlussphase ruhig überstehen soll, ohne tot zu sein, weiß ich nicht.“

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