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Sport: Boxen ohne Hauen

Sven Ottke entwaffnet durch Schnelligkeit seinen Herausforderer Mads Larsen und bleibt Weltmeister

Erfurt (Tsp). Noch bevor das Kampfurteil gesprochen ist, plaudert Sven Ottke oben im Boxring mit seinem Manager Wilfried Sauerland. Der Kampf ist gerade aus. Ottke schiebt einen linken Fuß nach vorn, dreht ihn nach links, dann nach rechts. Beide, Ottke und Sauerland, betrachten den Fuß mit sorgenvoller Miene. Dann winkt Ottke lächelnd ab. Sauerland rückt seine Krawatte zurecht, und der Boxer widmet sich mit erhobenen Armen dem Erfurter Publikum.

Diese kleine Szene dauert vielleicht eineinhalb Minuten. Doch sie zeigt, dass Ottke nicht den geringsten Zweifel daran hat, den Kampf gegen den Dänen Mads Larsen gewonnen zu haben. Der 36jährige Super-Mittelgewichtsweltmeister der Verbände IBF und WBA hat in 22 Jahren im Boxring ein feines Gespür für Sieg und Niederlage ausgeprägt. Schließlich werden die Wertungen der drei Punktrichter nach zwölf Runden verlesen: zweimal 115:113, einmal 115:115. Das ist eng, aber Sven Ottke bleibt in seinem 32. Profikampf ungeschlagen. Die 8000 Zuschauer in der Messehalle jubeln erleichtert.

Mads Larsen sei ihm in der zehnten Runde auf den Fuß getreten, erzählt Ottke später. Das habe zwar geschmerzt, ihn aber nicht davon abgehalten, seine boxerische Linie beizubehalten. Nach Ende der zehnten Runde habe Ottke gewusst, dass er in Führung liegt, wenn auch knapp. Larsen hätte ihn schon von den Beinen holen müssen, um den Kampf noch einmal zu drehen. „Sei auf der Hut“, hatte ihm sein Trainer Ulli Wegner in der Ringpause zur elften Runde mit auf dem Weg gegeben. „Nur noch sichere Dinger machen. Hast du verstanden? Aufpassen, aufpassen!“

Also besann sich der Titelträger darauf, seinen Vorsprung zu verwalten. Ottke boxte ohne Risiko gegen den stets gefährlichen Puncher aus Dänemark, der 37 seiner 44 Siege durch Knockout beendet hatte. Larsen stiefelte Ottke wütend hinterher, ohne ihn aber wirklich stellen zu können. Für den 31-Jährigen sollte es sich in den letzten beiden Runden als Nachteil erweisen, dass er in seiner bisherigen Karriere selten über die volle Distanz gegangen ist und kaum große Gegner vor den Fäusten hatte. „Er war wohl ein bisschen genervt, dass er Svennie nie richtig zu fassen kriegte“, sagte Wegner später. „Das kennen wir ja von Svennie, dass er mit seiner Schnelligkeit den Gegner förmlich entwaffnet.“

Ehe sich aber diese Taktik durchsetzte, dauerte es fünf, sechs Runden. „Am Anfang wusste man nicht, wem man die Runden geben sollte“, sagte Ottkes Stall- und Gewichtsklassenkollege Markus Beyer. Der Weltmeister des Konkurrenzverbandes WBC sagte: „Larsen war taktisch sehr gut eingestellt, er war wirklich schwer zu treffen.“ Erst in der zweiten Hälfte des Kampfes konnte Ottke Akzente setzen. Larsen verließen wegen seines kraftraubenden Stils langsam die Kräfte. Ottke brachte einige Schlagserien an. „Boxen ist besser als Keilen“, sagte Ottke später. „Der Larsen sieht zwar echt geil aus, ein richtiger Adonis, aber der war doch fest wie ein Klavier. Zum Boxen gehört eben mehr, als wild draufzuschlagen.“

800 000 Euro, wie zu hören war, soll Ottke für seine 19. erfolgreiche Titelverteidigung erhalten haben. Am Mittwoch wird er nach Nairobi fliegen und sich einer Expedition zum knapp 6000 Meter hohen Kilimandscharo anschließen. „Mal sehen, ob mich der Aufstieg mehr anstrengt. So gut wie heute sah ich lange nicht nach einem Kampf aus“, sagte Ottke und drehte sein Gesicht nach links und nach rechts. Sauerland klopfte ihm auf die Schulter und nickte.

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