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Sport: Brasilianische Countrymusik

Wie Luizao und Marcelinho mit Herthas Fans im Internet über ihre Vorlieben plaudern

Von André Görke

Berlin. Der Bildschirm flackert. Draußen ist es kalt geworden, der Feierabend ist nah. Auf der Geschäftsstelle des Bundesligisten Hertha BSC gehen so langsam die Lichter aus. In einem der vielen Büros aber wird es an diesem Abend länger dauern. Marcelinho wird erwartet, Herthas Spielmacher. Luizao wartet schon. der Stürmer ist gut gelaunt. Trotz der Extraschicht am Abend. Ihr Arbeitgeber hatte sie auf die Geschäftsstelle beordert. Sie sollen den Fans Rede und Antwort stehen – im Internet. Jeden Mittwoch geht das so: Dann plaudert ein Profi eine Stunde lang mit den Hertha-Fans. Treffpunkt ist der Hertha-Chat, ein interaktiver Treffpunkt auf der Internetseite des Klubs. Die Fans schicken ihre Fragen, die Profis schreiben spontan zurück – und jeder kann mitlesen.

Marcelinho kommt an diesem Abend zu spät. Luizao wartet weiter. Er schweigt. Erzählen kann er nichts. Luizao wohnt seit zwei Monaten in Berlin, mit der deutschen Sprache aber hat er so seine Probleme. Im Internet werden die Fans unruhig. „Kann es endlich losgehen?“, drängelt einer. Er schreibt das in großen Buchstaben. Das bedeutet im Internet: Er schreit. Dann endlich, eine Viertelstunde später: Die Tür geht auf, Marcelinho kommt mit Alcir Pereira in den Raum. Er wird für die beiden übersetzen.

„Warum hast du dich für Berlin entschieden?“, wird Luizao gefragt. Die Antwort dauert ein paar Minuten, bis Pereira übersetzt hat. Dann: „Hertha hat in der vergangenen Saison den vierten Platz in der Bundesliga erreicht. Alex Alves und Marcelinho haben hier schon gespielt. Ich dachte, ich könnte dem Verein helfen.“ So kurz, so einfach. Nun hat es Luizao nicht leicht – nicht nur wegen der Sprache. Sportlich läuft es bei ihm nicht. Als er gefragt wird, wann er denn sein erstes Tor schießt, lässt er ausrichten: „Wenn die Möglichkeit da ist.“ Marcelinho ist konkreter: „Wir wollen Meister werden“, tönt er. „Oder mindestens in die Champions League.“ Dann: „Egal wo ich gespielt habe – einen Titel habe ich immer gewonnen.“ Manager Dieter Hoeneß wird lächelnd vor dem Computer gesessen haben. Mit Marcelinho hat der Klub bis 2007 verlängert. Bis dahin soll die Meisterschale auch gefälligst in der Stadt sein.

Mit der Sprache ist das ganz lustig. Trainer Huub Stevens mache immer seine Späßchen auf dem Platz, sagt Luizao, „ich frage mich dann immer, was ich falsch gemacht habe“. Marcelinho versteht wenigstens alles, auch wenn „ich meistens in Restaurants gehe, in denen meine Sprache gesprochen wird“. Also Portugiesisch. Sogar auf dem Hotelzimmer ändere sich das nicht. Luizao teilt sich mit dem Brasilianer Nené ein Zimmer, Marcelinho mit Alex Alves, dem vierten Landsmann. „Er kann am besten deutsch von uns“, sagt Marcelinho. Kontakt zu anderen Spieler in der Liga gebe es natürlich auch. Mit Lincoln von Kaiserslautern telefoniere er öfters, erzählt Marcelinho. Luizao quatscht lieber mit Amoroso, dem brasilianischen Stürmer von Borussia Dortmund.

Am Freitag geht es mit der Mannschaft nach München. Einen Tag später spielt Hertha BSC dann gegen den TSV 1860. Diesen Gegner müsse man respektieren, sagt Luizao. „Aber wenn wir so spielen wie zuletzt, dann gewinnen wir.“ Ein Fan kommt auf eine nette Idee: Alex Alves tanze nach seinen Toren immer den Capoeira, einen brasilianischen Tanz. Und du, Luizao?„Ich kann das leider nicht.“ Hört er denn wenigstens Samba-Rhythmen? Nun ja. „Ich stehe auf brasilianische Countrymusik“, sagt Luizao.

Nach einer Stunde wird es ruhiger. Eine Frage noch, lässt der Moderator ausrichten. „Trinkt ihr nach dem Spiel bei 1860 noch ein paar Weißbier auf dem Münchner Oktoberfest?“ Die Antwort dauert lange. Sehr lange. Dann meldet sich Marcelinho: „Der Michael Preetz hat gesagt, dass dürfe ich einmal machen – und dann fliege ich aus dem Kader.“

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