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Sport: Bremen beherrscht Berlin

Beim 1:3 an der Weser wird Hertha BSC in der ersten Halbzeit vorgeführt – dann schont sich der SV Werder für Barcelona

Tobias Welz konnte das Unheil nicht sehen. Es schlich in seinem Rücken heran. Der Assistent von Schiedsrichter Herbert Fandel erklärte gerade Herthas Mittelfeldspieler Andreas Neuendorf, dass der Treffer von Josip Simunic zum 2:3 für die Berliner wegen einer Abseitsposition leider keine Anerkennung finden konnte, da näherte sich Dieter Hoeneß. Jetzt gleich würde das Blut in seinen Kopf schießen, der Manager des Berliner Fußball-Bundesligisten würde fluchen und schimpfen. Als Herthas Manager auf dem Weg von der Tribüne zur Trainerbank Welz eingeholt hatte – sagte er aber nichts und ging einfach weiter.

Die unmittelbare und sehr gemäßigte Reaktion der Berliner auf das zu Unrecht nicht gegebene Anschlusstor sagte mehr als die pflichtschuldig entrüsteten Beschwerden nach dem Schlusspfiff und der 1:3 (1:3)-Niederlage in Bremen. Knapp 20 Minuten waren es noch, als Simunic einen von Andreas Schmidt verlängerten Ball ins Tor geköpft hatte. „Wer weiß, wie’s gelaufen wäre?“, fragte Trainer Falko Götz. In Wirklichkeit hatten sich die Berliner längst in die Niederlage gefügt, die einem überragenden Auftritt des SV Werder in der ersten Halbzeit geschuldet war. „Wir haben überhaupt nicht dagegengehalten“, sagte Yildiray Bastürk, der die unzureichenden Bemühungen seiner Kollegen nach vierwöchiger Verletzungspause zunächst von der Bank verfolgen musste und erst eine halbe Stunde vor Schluss eingewechselt wurde.

Trainer Falko Götz hatte seine Mannschaft in derselben taktischen Formation aufs Feld geschickt wie vor zwei Wochen beim 2:1-Sieg in Dortmund, doch während den Dortmundern gegen Herthas massive Defensive wenig einfiel, setzte Werder die Berliner immer wieder so sehr unter Druck, dass diese einen hochgradig verwirrten Eindruck hinterließen. In der ersten Viertelstunde schaffte es kein Berliner Spieler, den Bremer Strafraum überhaupt zu betreten. „Zu viele individuelle Fehler“ bemängelte Götz, den ersten entscheidenden machte Simunic, der im Strafraum eine Hereingabe regelwidrig mit dem Oberarm blockte. Den folgenden Elfmeter verwandelte Diego zum 1:0.

Werders Trainer Thomas Schaaf war vor der Begegnung von der Angst getrieben worden, dass seine Spieler schon zu viel an die Champions League und das entscheidende Spiel beim FC Barcelona am Dienstag denken könnten. Werder aber spielte in der ersten Halbzeit, als würde es weder ein Morgen noch jemals ein weiteres Fußballspiel geben. Nicht einmal Simunics Ausgleichstreffer nur eine Minute nach dem 1:0 schien sie nachhaltig zu irritieren. Eine Viertelstunde später lagen die Bremer schon wieder 3:1 vorne – dank gütiger Hilfe der Berliner. Dem 1:2 ging eine verheerende Kombination aus Pech und Unzulänglichkeit voraus: Der Linienrichter hatte eine Abseitsposition von Miroslav Klose angezeigt, das Spiel war unterbrochen, doch Dick van Burik stolperte, er brachte den Bremer zu Fall – und verletzte sich dabei. Als Herthas Verteidiger noch an der Seitenlinie behandelt wurde und seine Mannschaft in Unterzahl spielte, köpfte Klose eine Flanke von Womé ins Tor.

Fünf Minuten später erzielte Klose sein 50. Bundesligator für die Bremer, und wieder hatten die Berliner an der Vorbereitung entscheidend mitgewirkt. Kevin-Prince Boateng spielte einen Flachpass genau in den Fuß des Bremers Daniel Jensen, dessen Zuspiel erreichte Klose, Simunic stellte ihn, doch mit einem Hüftschwung schob Klose Herthas Verteidiger aus dem Bild, ohne ihn überhaupt zu berühren. „Ich glaube nicht, dass Joe da ein Vorwurf zu machen ist“, sagte Herthas Manager Dieter Hoeneß. „Gegen Klose ist es zurzeit wirklich schwierig.“

Dass die Berliner in der zweiten Halbzeit besser aussahen, zu einigen Chancen kamen und auch ein Tor erzielten, das nicht zählte, schönte das Bild ein wenig. Hertha wertete die zweite Halbzeit als realistischen Ausdruck der eigentlichen Fähigkeiten. „Wir haben letztlich noch ganz ordentlich gespielt“, sagte Malik Fathi. Gegen einen Gegner allerdings, der gerade noch das Nötigste tat. Keine einzige Ecke erspielte sich Werder in der zweiten Halbzeit. „Wir haben uns nicht mehr bewegt“, sagte Trainer Schaaf. Man mag es kaum glauben: Aber ohne Bewegung können nicht einmal die Bremer ordentlich Fußball spielen.

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