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Sport: Bronze mit letzter Kraft

Deutsche Biathletinnen schaffen bei der WM durch Martina Glagows starken Endspurt noch Platz drei

Chanty Mansijsk (Tsp/dpa). Als sie ins Ziel kam, war ihr schwarz vor Augen. „Noch ein paar Meter mehr, und ich wäre umgefallen“, erzählte Martina Glagow, als sie wieder reden konnte. Erst als ihre Kollegin Kati Wilhelm sie umarmte, begriff Glagow, dass sie es geschafft hatte. Mit 1:07 Minuten Rückstand auf Rang drei war die Schlussläuferin der 4 x 6Kilometer-Staffel bei der Biathlon-WM in Sibirien ins Rennen gegangen, weil ihre Vorgängerinnen sich acht Strafrunden geleistet hatten. „Das ist eigentlich nicht aufholbar“, sagte Glagow später. Doch mit der besten Zeit aller 60 Starterinnen überrannte die Verfolgungs-Weltmeisterin wenige Meter vor dem Ziel noch die drittplazierte Weißrussin Olena Zubrilowa. Deutschland gewann Bronze, Weltmeister wurde Russland vor der Ukraine.

Glagow (Mittenwald), Simone Denkinger (Gosheim), Uschi Disl (Moosham) und Kati Wilhelm (Zella-Mehlis), die zu den Favoriten zählten, feierten Platz drei wie den WM-Titel, hatten sie eine Medaille doch längst abgeschrieben gehabt. „ Ein so verrücktes Staffelrennen habe ich noch nie erlebt. Ich bin glücklicher als nach vielen Siegen“, jubelte Bundestrainer Uwe Müßiggang. Entgeistert hatte er am Schießstand 24 Fehlschüsse, 16 Nachlader und acht Strafrunden miterlebt.

Letztere sind umso unglaublicher, wenn man sich die Besonderheit der Staffel vergegenwärtigt: Nur dort haben die Läufer drei Ersatzpatronen. Bei Einzelrennen müssen sie schon auf die Strafrunde, wenn sie mit den fünf Schüssen des Magazins nicht alle fünf Scheiben getroffen haben. Bei der Staffel läuft die Zusatzrunde nur, wer auch mit den Ersatzpatronen keine fünf Treffer erzielt hat. Doch weil die Deutschen mit den Windböen nicht zurechtkamen, musste Denkinger zweimal, Disl und Wilhelm gar je dreimal in die Strafrunde. Nur Glagow blieb die zusätzliche 150-Meter-Strecke erspart.

„Als ich Olena auf dem letzten halben Kilometer in Sichtweite hatte, bin ich so gerannt wie noch nie in meinem Leben. Im Ziel war ich fast ohnmächtig“, erzählte die Gewinnerin des Gesamt-Weltcups. Auf die letzten zwei Kilometer war sie 14 Sekunden hinter Zubrilowa gestürmt. 500 Meter vor dem Ziel waren es noch 12 Sekunden. Anschließend fand sie sich auf den Schultern ihrer Kolleginnen wieder – und dann flossen Freudentränen. „Ich hatte schon geglaubt, erstmals seit zehn Jahren ohne Plakette nach Hause fahren zu müssen“, sagte Uschi Disl. Noch glücklicher war Startläuferin Simone Denkinger, die nur als Achte ins Ziel gekommen war. „Ich schäme mich, weil ich das Rennen verbockt habe“, sagte sie, als das Debakel seinen Lauf zu nehmen schien. Dann kam Glagow.

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