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Sport: Brutaler und schwerer

Die Trends bei der Rugby-WM in Frankreich

Für viele Rugbyfans ist die nun schon vier Wochen dauernde Weltmeisterschaft in Frankreich gestern erst in ihre wirklich spannende Phase getreten. Seit Anfang September wurde in vier Gruppen à fünf Mannschaften die Qualifikation für das Viertelfinale ausgespielt, das an diesem Wochenende bestritten wird. Wegen der begrenzten Verbreitung der Sportart und dem daraus resultierenden Leistungsgefälle zwischen den Teams kam es dabei zu Ergebnissen wie dem 108 :13 von Neuseeland gegen Portugal.

Aber selbst jetzt, da Außenseiter wie Namibia, Georgien und die USA die Heimreise angetreten haben, mokiert sich beispielsweise die australische Rugby-Legende David Campese über das Viertelfinale Argentinien – Schottland. „Da wird man wohl beim Zuschauen einschlafen“, lästerte er in der Sportzeitung „L’Equipe“.

Einige sehen zudem den Trend bestätigt, dass das Spiel immer brutaler wird. Demnach zählten nur noch die pure Kraft und das direkte Duell der Einzelspieler, Werte wie Spielintelligenz gingen verloren. Dabei wird gerne vergessen, dass eine höhere Aggressivität und die entsprechende Physis schon immer die einzige Chance für vermeintlich schwächere Mannschaften waren. Zudem ist es im Zuge der noch jungen Professionalisierung des Rugby nicht überraschend, dass das Anforderungsprofil für die Spieler anspruchsvoller wird.

Es waren die Teams der südlichen Erdhalbkugel, die Ende der neunziger Jahre verstärkt auf den Muskelaufbau ihrer Spieler setzten. Um gegen Neuseeland und Co. mithalten zu können, zogen die nördlichen Länder schnell nach. In Frankreich etwa wiegt ein Spieler je nach Position durchschnittlich bis zu 15 Kilo mehr und ist dazu sechs Zentimeter größer als noch in den Achtzigerjahren. Trotzdem ist im Team Platz für Spieler wie den 1,72 Meter kleinen und 73 Kilo leichten Jean-Baptiste Elisalde.

Währenddessen setzt Neuseeland komplett auf wahre Schwergewichte. Die Angreifer der geplanten Startformation Neuseelands im Viertelfinale gestern Abend gegen Frankreich (bei Redaktionsschluss nicht beendet) wogen so im Schnitt 111,5 Kilo – acht Kilo mehr als die Franzosen. Dass Frankreich bei der WM im eigenen Land gestern ausgerechnet in Cardiff spielte und damit eines der sechs Spiele bestritt, die auf der britischen Insel stattfanden, war schon sehr unglücklich. Die Terminplaner hatten nicht mit dieser Variante gerechnet, aber dann verloren die siegesgewissen Franzosen überraschend im Auftaktspiel gegen Argentinien.

Matthias Sander[Paris]

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