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© DPA

Sport: „Bumm, Wechsel überlaufen, aus“

Die deutsche Männerstaffel scheitert bei der Stabübergabe – den Frauen soll das heute nicht passieren

Auf der Hälfte der Strecke musste die deutsche Sprintstaffel eine spontane Krisensitzung einberufen. Sie hatte den Wechsel verpatzt, ist ausgeschieden und darf nicht mitrennen beim Finale an diesem Samstag. Da standen Marius Broening und Alexander Kosenkow auf der Bahn und diskutierten etwas hilflos, während die anderen Staffeln ins Ziel liefen.

Broening als zweiter Läufer hatte den Staffelstab übergeben sollen, doch er erreichte Kosenkow nicht mehr in der Wechselzone. Ob nun Broening zu langsam war oder Kosenkow zu schnell, darüber konnten sie noch keine Einigkeit herstellen. „Bumm, Wechsel überlaufen, aus“, kommentierte Broening das Ausscheiden, und Kosenkow will die Ursachenanalyse lieber der Wissenschaft überlassen. „Wir haben drei Biomechaniker hier, die werden herausfinden, was schief gelaufen ist. Morgen werden wir es dann wissen.“ Und Startläufer Tobias Unger fasste zusammen: „Unser Traum ist geplatzt. Das zeigt, dass man 1000 Mal trainieren kann und es muss trotzdem nicht klappen.“

An diesem Samstag will dafür die deutsche Frauenstaffel gut ankommen, sie war genau wie die der Männer bei den Olympischen Spielen in Peking 2008 Fünfte geworden. Bisher war Marion Wagner für den Schlussdienst eingeteilt, sie lief die Staffel zu Ende. Die erste Reaktion des Publikums im Ziel bekam also sie ab, sie musste das Ergebnis ausbaden, wenn die Staffel nicht so schnell vorangekommen war, oder wurde gefeiert, wenn es gut lief wie bei den Weltmeisterschaften 2001 oder den Europameisterschaften 2002, als sie jeweils als Zweite ins Ziel kam. Für die WM 2001 wurde den Deutschen sogar wegen Dopings der Amerikanerin Kelli White nachträglich noch der Titel zugesprochen. Bei diesen Weltmeisterschaften fängt Marion Wagner nun mit 31 Jahren noch einmal von vorne an.

Marion Wagner ist Startläuferin geworden, obwohl sie eigentlich nur eine mittelmäßige Starterin ist. Bundestrainer Rüdiger Harksen hat sich jedoch etwas dabei gedacht, Marion Wagner auf diese Position zu setzen, in dieser Saison hatte die Mainzerin noch einmal gute Leistungen über 200 Meter gezeigt. Deshalb traut ihr Harksen auch zu, gut in die Kurve hineinzulaufen.

Mit einem harmonischen Wechsel lässt sich viel Zeit gewinnen. „Einen guten Wechsel erkennt man ganz einfach daran, dass die Geschwindigkeit des Stabes identisch bleibt“, sagt Jürgen Mallow, der Sportdirektor des Deutschen Leichtathletik-Verbandes. Mit hohem Tempo kurz vor Ende der Wechselzone den Staffelstab zu übergeben, das ist das Ziel, dafür haben die deutschen Sprinterinnen zweimal in der Woche zusammen trainiert, doch bei rasanten Geschwindigkeiten passieren wie jetzt bei den deutschen Männern immer wieder Fehler.

Sich gut zu verstehen, muss nicht unbedingt eine Voraussetzung für einen guten Wechsel sein. „Das gibt es unterschiedliche Philosophien“, sagt Mallow, „der frühere Frauen Sprint-Trainer Wolfgang Thiele hat die Rivalität zwischen seinen Sprinterinnen zusätzlich angeheizt.“ Bei der weiblichen deutschen Sprintstaffel ist es nun anders. „Wir verstehen uns sehr gut“, sagt Marion Wagner.

Auf der Schlussposition der weiblichen Sprintstaffel hat anstelle von Marion Wagner nun Verena Sailer Aufstellung bezogen, sie war im Einzel über 100 Meter ins Halbfinale gekommen und durfte sich dazu noch mit dem inoffiziellen Titel schmücken, beste Europäerin zu sein. „Das freut mich schon, das erreicht zu haben“, sagt sie. Eine gute Platzierung mit der Staffel könnte ihr vielleicht noch besser gefallen.

Und eine Krisensitzung hält sie sicher lieber im Training ab als bei einer WM.

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