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Bundesgerichtshof: Vereine dürfen Fans auf Verdacht aussperren

Entscheidung aus Karlsruhe: Deutsche Fußballvereine dürfen künftig Fans Stadionverbote erteilen, selbst wenn nicht bewiesen ist, dass diese an Gewalttaten beteiligt waren.

Das entschied der Bundesgerichtshof in Karlsruhe am Freitag. Dem Urteil zufolge können Vereine auch solche Fans aussperren, die sich im Umfeld von Fangruppen aufgehalten haben, die gewalttätig geworden sind. "Auf den Nachweis, er habe sich an den aus der Gruppe begangenen Gewalttätigkeiten beteiligt, kommt es nicht an", entschied der BGH.

Damit wies das Gericht in Karlsruhe die Klage eines Dauerkarteninhabers des FC Bayern München ab, der nach einem Spiel in Duisburg im März 2006 mit einer Gruppe des Fanclubs "Schickeria München" in eine Randale mit Duisburger Fans geraten war. Der Fan bestritt, an den Auseinandersetzungen beteiligt gewesen zu sein. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen Landfriedensbruchs wurden später wegen Geringfügigkeit eingestellt. Trotzdem erhielt er ein bundesweites Stadionverbot für rund zwei Jahre.

Nach Ansicht des BGH sei diese Praxis durch das Hausrecht des Vereins gedeckt. Demnach darf der Verein ein Stadionverbot aufgrund "objektiver Tatsachen" aussprechen, die künftige Störungen wahrscheinlich werden lassen. Weil auch die anderen Zuschauer vor Randale geschützt werden müssen, dürfen laut BGH die Hürden für ein Stadionverbot nicht zu hoch gehängt werden. Die Vereine dürften jedoch nicht "willkürlich" vorgehen.

Der Geschäftsführer der Deutschen Fußball-Liga (DFL), Holger Hieronymus, begrüßte das Urteil: "Die Sicherheit der Zuschauer ist das höchste Gut. Dies hat das Gericht heute bestätigt. Auch in Zukunft werden Randalierer und Gewalttäter konsequent mit Stadionverboten belegt werden. Gewalt hat im Fußballstadion keinen Platz."

Helmut Spahn, Sicherheitsbeauftragter des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), sieht in dem "Grundsatz-Urteil" eine Bestätigung der Sicherheitspolitik des Verbandes. Für ihn stellen Stadionverbote eine "wichtige Präventivmaßnahme dar, um die Sicherheit in den Stadien zu gewährleisten.“ Dennoch sei es in Zukunft wichtig, "sensibel mit Stadionverboten umzugehen und differenziert jeden einzelnen Fall zu behandeln."

Anwalt Marco Noli, der den Fan in den ersten beiden Instanzen vertrat, wertet das Urteil als "Sippenhaft" und ergänzt: "Wenn allein die Einleitung eines Ermittlungsverfahren zu einem bundesweiten Stadionverbot führen kann, überließe man praktisch der Polizei alleine die Macht über das Stadionverbot. Wenn die polizeiliche Entscheidung von den Vereinen nicht überprüft wird, wäre der Willkür Tür und Tor geöffnet." Die unterlegene Partei prüfe, Verfassungsbeschwerde einzulegen.

Quelle: ZEIT ONLINE, dpa

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