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Bundesliga: Kreativ sein ohne Kreativspieler

Nicht mehr als eine ordentliche Bundesliga-Mannschaft: Der FC Bayern muss heute gegen Werder Franck Ribéry ersetzen. Wer für ihn spielen soll? Trainer Hitzfeld hüllt sich in Schweigen.

Man hat in dieser Saison schon oft bestaunen dürfen, was der Fußballspieler Franck Ribéry vom FC Bayern München so alles anstellen kann mit dem Ball und mit seinen Beinen, wie er explosionsartig sprinten kann und dann plötzlich stehen bleibt, wie er dribbeln kann und tricksen und schießen, und wie er manchmal scheinbar alles zugleich macht. Gewiss, Ribéry spielt längst nicht immer fehlerfrei, aber er ist einer der nur wenigen Fußballer, die den Unterschied ausmachen: den Unterschied zwischen gut und schlecht, zwischen Sieg und Niederlage. So gesehen ist es schon ein wenig überraschend, wenn Bayern-Trainer Ottmar Hitzfeld sagt: „Unser Kreativspiel ist nicht alleine von Franck Ribéry abhängig.“ Das stimmt nämlich nicht.

Das so genannte Kreativspiel einer Fußballmannschaft funktioniert nur, wenn man mindestens einen so genannten Kreativspieler hat, also einen, der unmögliche Sachen intuitiv und ohne vorherige Anweisung plötzlich geschehen lässt. Die Bayern haben genau einen: Franck Ribéry. Beweise dafür wurden in dieser Saison schon mehrfach geliefert: Immer dann, wenn Ribéry einen schlechten Tag erwischte oder gar fehlte, waren die Bayern nicht mehr als eine ordentliche Bundesligamannschaft.

Vor dem Bundesliga-Spitzenspiel der Bayern gegen Werder Bremen am Sonntag aber kann Ottmar Hitzfeld einfach nicht anders, als so zu tun, als wäre es kein Problem, dass Ribéry wegen seiner Oberschenkelverletzung in den kommenden drei Wochen ausfällt. Schließlich muss er den anderen Spielern ja einreden, dass sie genau so gut sind wie Ribéry, damit sie es wenigstens versuchen - insbesondere denen, die als Ribéry-Stellvertreter auflaufen sollen. Wer das sein wird? Jeder spiele eine Rolle in seinen Überlegungen, sagt Hitzfeld nichtssagend. Die Lösungsmöglichkeiten sind aber begrenzt.

Hitzfeld wird sein funktionierendes 4-4-2-System wohl kaum auflösen, er wird nur die Rollenverteilung ein wenig verändern. Die bislang eher defensiv agierenden Zé Roberto und Mark van Bommel werden abwechselnd mehr offensiv eingreifen. Die wahrscheinlichste Lösung für die Ribéry-Rolle ist: Toni Kroos. Der außergewöhnlich talentierte Kroos zieht den Ball ähnlich magnetisch an wie Ribéry, wenngleich er weniger spektakulär, dafür effektiver spielt. Einziges Gegenargument: Er ist erst 18 und für die wichtigste Rolle im wichtigen Spitzenspiel womöglich zu unerfahren. Lösungsmöglichkeit Nummer zwei wäre: Bastian Schweinsteiger, obwohl Schweinsteiger auch zuletzt im Länderspiel gegen Österreich den Nachweis seiner zweifelsfrei vorhandenen Qualitäten schuldig blieb.

Wer auch immer anstelle von Ribéry aufläuft, eines ist sicher: Er kann und soll den Franzosen nicht wie ein Ebenbild ersetzen. Die Ribéry-Rolle wird an diesem Sonntag neu interpretiert, und das bedeutet auch: Die völlige Abhängigkeit von einem Mann ist zumindest vorübergehend vorbei. Bleibt nur die Frage, ob das gut für sie ist – oder schlecht.

Michael Neudecker

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