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Jol

© dpa

Bundesliga: Nerven beim HSV liegen blank

Pleite im Pokal, Niederlage in der Liga: Der Hamburger SV fürchtet nach dem 0:2 in Dortmund, dass seine starke Saison im Frust enden könnte.

Nach dem Abpfiff brachen bei den Spielern des Hamburger SV alle Dämme. Kollektiv rannten sie auf Michael Kempter zu und bestürmten den Schiedsrichter aus dem südbadischen Sauldorf so heftig, dass der herbeigeeilte Trainer Martin Jol energisch dazwischengehen musste, um die Gemüter zu besänftigen. Man konnte den Eindruck bekomme, als sei einzig und allein der Schiedsrichter dafür verantwortlich, dass die Hamburger diese ereignisreiche Partie vor 80 552 Zuschauern im ausverkauften Dortmunder Stadion mit 0:2 (0:1) verloren hatten.

Dem war natürlich nicht so, Kempter hatte das Spiel mehr als ordentlich geleitet, auch wenn man ihm aus Hamburger Sicht durchaus vorwerfen konnte, den HSV in einer durch und durch fairen Partie mit vier Gelben Karten bedacht zu haben, während die Gastgeber ohne Verwarnung davongekommen waren. Doch diese Entscheidungen hatten die Geschicke ebenso wenig in unfairer Weise beeinflusst wie der völlig korrekte Elfmeterpfiff kurz vor Spielende. Vielmehr war es offensichtlich, dass sich da ein Ventil für die Wut der HSV-Profis geöffnet hatte. Jol, der stets in sich ruhende Trainer, wusste genau, wie die Reaktion seiner Schützlinge einzuordnen waren: „Der Schiri ist nicht schuld, dass wir hier verloren haben“, sagte der Holländer bevor er in den Mannschaftsbus stieg. „Die Reaktion meiner Spieler war pure Frustration.“

Es ist die Angst, am Ende einer tollen Saison mit leeren Händen dazustehen, die Hamburgs Profis so dünnhäutig reagieren lässt. 22 Jahre nach dem letzten Titelgewinn ist in der Hansestadt die Sehnsucht greifbar, endlich mal wieder eine Trophäe in den Himmel stemmen zu können. Doch auf der Zielgeraden dieser Spielzeit verdichten sich die Anzeichen, dass die Saison in eine dreifache Enttäuschung münden könnte. Im Pokal-Halbfinale gescheitert, nun der Rückschlag in der Meisterschaft – da bleiben als realistische Option nur noch die Begegnungen gegen Werder Bremen im Uefa-Pokal.

Es war in Dortmund exemplarisch zu sehen, woran es dem HSV im Saisonendspurt mangelt. Es fehlt der nötige Punch, um die gut angelegten Angriffe zu einem positiven Ende zu bringen. „Wir sind in den Aktionen nach vorn nicht konkret, nicht griffig genug“, bemängelte Sportdirektor Dietmar Beiersdorfer: „Da ist kein Druck im Abschluss.“ Und Jol ergänzte, es habe „in einigen Szenen der letzte Schritt nach vorn gefehlt. Wir wollten hier mindestens einen Punkt holen, das hat nicht geklappt“.

Verwundern kann die Unpässlichkeit kaum bei der Frequenz an Spielen, die der Spielplan den Hamburger Profis auferlegt. In Dortmund bestritt der HSV sein 46. Pflichtspiel dieser Saison, außer Werder muss kein anderer Verein eine solche Belastung ertragen. In den entscheidenden Phasen war deutlich zu spüren, dass die 120 Minuten beim Pokal-Aus nicht nur in den Beinen, sondern auch im Kopf schmerzten. Hamburg spielte ansehnlich aber zu wenig entschlossen. Zurecht merkte Kapitän David Jarolim an, Dortmund sei „nicht das bessere Team“ gewesen, „doch sie haben im richtigen Moment die Tore gemacht“. Und Nationalspieler Piotr Trochowski fügte an, es fehle der nötige Kader, „um solch harte 120 Minuten kompensieren zu können“.

Was bleibt, sind Durchhalteparolen. Es ist Beiersdorfers Aufgabe, die Reihen zu schließen und Optimismus für die letzte Etappen der Saison zu verbreiten. Genau das tat der Sportdirektor nach der schmerzlichen Niederlage von Dortmund: Er mache sich keine Sorgen um die Mannschaft, betonte Beiersdorfer. „Wir spielen eine tolle Saison und werden alles dafür tun, um sie zu einem guten Ende zu bringen. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass wir unsere Saisonziele erreichen können.“

Felix Meininghaus[Dortm, ]

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