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Zuletzt waren die Tore von Mario Gomez entscheidend für den VfL.

© dpa

Bundesliga-Saisonvorschau (3): Beim VfL Wolfsburg kann es nur besser werden

Beim VfL Wolfsburg haben sie Demut gelernt. Die neue Führung setzt auf mehr Konkurrenz und Identifikation mit dem Verein.

Von Christian Otto

Am 18. August startet die Fußball-Bundesliga in die neue Saison. In unserer Serie testen wir die Vereine. Heute Teil drei: VfL Wolfsburg.

Was hat sich verbessert?

Die Fallhöhe ist deutlich niedriger geworden. Nach einer desaströsen Saison 2016/17, an deren Ende eine späte Rettung per Relegation herhalten musste, sind die Erwartungshaltung und das Selbstverständnis des VfL Wolfsburg erheblich geschrumpft. Sportdirektor Olaf Rebbe versichert, dass man in vielerlei Hinsicht eine Art Reset-Knopf gedrückt habe. „Ein bisschen Demut tut uns gut“, findet der Nachfolger des im Vorjahr entlassenen Geschäftsführers Klaus Allofs.

Wer sind die Neuen?

Abgesehen von John Anthony Brooks: Die bisherigen Neuzugänge sind ein prima Test für alle Fußballfans, die überprüfen möchten, wie gut sie sich im europäischen Fußball auskennen. Ignacio Camacho etwa, der vom FC Malaga geholt worden ist, hat in der Branche einen sehr guten Namen als beinharter Abräumer. Ihm wird zugetraut, auf Anhieb eine Führungsrolle zu übernehmen. Der Brasilianer William (Porto Alegre) kämpft noch mit Anpassungsproblemen. Nany Landry Dimata (Oostende), Marvin Stefaniak (Dresden), Ohis Felix Uduokhai (1860 München) und Kaylen Hinds (FC Arsenal) müssen das doofe Wort „Perspektivspieler“ erst noch loswerden. Damit mehr Torgefahr entsteht, sollen weitere Verstärkungen verpflichtet werden. Paul Verhaegh vom FC Augsburg wird als Abwehrroutinier umworben.

Wer hat das Sagen?

Schwer zu sagen. Die besten Worte mit Gewicht spricht abseits des Rasens Francisco Javier Garcia Sanz. Der Spanier, als Vorstandsmitglied von Hauptsponsor Volkswagen auch Aufsichtsrat-Vorsitzender der VfL Wolfsburg Fußball GmbH, ist stets dicht an der Mannschaft. Er sagt: Das Saisonziel müsse ja wohl ein einstelliger Platz sein. Der stets sehr vorsichtige Rebbe sagt dazu: Garcia Sanz darf das natürlich sagen. Wer auf dem Platz der Wortführer ist, wird sich erst noch zeigen müssen. Denn der VfL-Kader hat einen drastischen Umbruch hinter sich und ist noch in der Findungsphase.

Was erwarten die Fans?

Mehr Elan und Heimatgefühl. Verkaufte Spieler wie Ricardo Rodriguez (AC Mailand) und Luiz Gustavo (Olympique Marseille) müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, dass sie zuletzt mehr Fernweh als richtig Bock auf den VfL verspürten. Mit seiner lautstarken Unterstützung im Abstiegskampf und beeindruckenden Choreographien hat der VfL-Anhang gezeigt, was möglich ist, wenn man gemeinsam wirklich will. „Arbeit, Fußball, Leidenschaft“ – was zunächst auf einem von Fans gebastelten Banner im Stadion zu lesen war, soll sich als Leitbild für die Mannschaft etablieren. Wer hätte gedacht, dass in Wolfsburg die Fankurve vorgibt, wie es zu laufen hat?

Was ist in dieser Saison möglich?

Dass der VfL Wolfsburg seine Verkrampfung ablegt und einfach mal wieder schönen Fußball spielt. Trainer Andries Jonker ist ein schlauer Fuchs, wenn es um Taktikvarianten geht und darf das zum Saisonstart ausgerechnet gleich gegen Borussia Dortmund unter Beweis stellen. Angesichts der nicht enden wollenden Unruhe beim Geldgeber VW wäre es ein gutes Ziel für den VfL, sich neu zu sortieren, zu stabilisieren und vom Hauptsponsor einen Hauch zu emanzipieren. Die sportliche Krise in Wolfsburg war in der Vorsaison nicht ganz zufällig auch in jene Zeit gefallen, als die weltweit schwelende Abgasaffäre einen der größten Autobauer der Welt ins Wanken gebracht hat.

Und sonst?

Lässt die Kaderplanung rund um Torjäger Mario Gomez aufhorchen. Auf nahezu jeder Position ist dafür gesorgt worden, dass sich ein gestandener Profi und ein aufstrebender Herausforderer um möglichst viel Einsatzzeit streiten. Brooks vs Robin Knoche, Yannick Gerhardt vs Gian-Luca Itter: Die Idee, dass der Nachwuchs die Etablierten auf Trab hält, ist bundesweit nicht neu, hält aber in Wolfsburgs erstmals in dieser Konsequenz Einzug. Wer hinter den Kulissen des Vereins wen anschiebt, wird sich noch zeigen. Seit dem Scheitern von Allofs und der Demission von Thomas Röttgermann bedarf die Geschäftsführung einer Neusortierung.

Rebbe ist noch jung an Jahren, darf sich als Sportdirektor aber der Rückendeckung der Entscheider sicher sein. Der 39- Jährige will mit Hilfe von Innovationen den langen Schatten seines früheren Vorgängers und Förderers Allofs loswerden. Frisch gegründet sind die Abteilungen „Sportentwicklung“ und „Spieler- und Mannschaftsorganisation“. Das klingt mächtig gewaltig, hat aber einen simplen Hintergrund. Vor allem Neuzugängen aus dem Ausland sollen die Integration und die Identifikation mit dem VfL erleichtert werden – allerdings nicht mit Komfort in Serie und weiteren Wattebäuschchen, sondern mit dem Prinzip Fördern und Fordern.

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