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Eisbrecher. 96-Coach Frontzeck (r.) sorgt für bessere Stimmung.

© dpa/Stratenschulte

Bundesliga-Saisonvorschau (6): Hannover 96: Flugeinlagen im Niemandsland

Am 14. August startet die Fußball-Bundesliga in ihre 53. Saison. In unserer Serie testen wir Stärken, Schwächen und Vorlieben der Vereine. Folge 6: Hannover 96.

Von Christian Otto

Was hat sich verbessert?

Das Miteinander zwischen Trainer und Mannschaft. Michael Frontzeck, nach dem Klassenerhalt vom Interimstrainer zum Chefcoach befördert, hat eine sehr launige Art, die Spieler anzusprechen. Er bricht mit einer Mischung aus feiner Ironie und klarer Ansage jenes Eis, das unter der Regie seines Vorgängers Tayfun Korkut entstanden war. Jetzt wird wieder mehr gescherzt und geblödelt. Insgesamt ist das eine gute Grundlage, um in dieser Saison nicht erneut zu verkrampfen.

Wer sind die Stars?

Wegen seines Weltmeistertitels ist Ron-Robert Zieler wohl der prominenteste 96-Spieler. Der Torhüter steht bereits seit 2010 unter Vertrag. Sein Wort hat teamintern Gewicht, seine Paraden können sehenswert sein. Aber Zieler ist kein Mann, dessen Charisma oder Rhetorik die Massen elektrisiert. Hannover wird sich damit trösten müssen, dass die aktuelle 96-Elf keinen wirklichen Star besitzt. Aber ein Ensemble frei von Allüren und Egoismen kann ja manchmal auch ganz hilfreich sein.

Wer hat das Sagen?

Eindeutig der Präsident. Wenn Martin Kind bei Hannover 96 das Wort ergreift, steht der gesamte Verein stramm. Der 71-Jährige hat sich als Allein- und Alles-Entscheider etabliert und erst für 2017 seinen Abgang angekündigt. Auffällig vor der neuen Saison ist: Kind stapelt für seine Verhältnisse erstaunlich tief und hat offenbar aus zu forschen Vorgaben in der Vergangenheit gelernt. Hannover 96 muss also gar nicht mehr bis in die Champions League vordringen, sondern sich erst einmal von dem Fastabstieg in der vergangenen Saison erholen.

Was erwarten die Fans?

Die normale Kundschaft, die gerne sitzt und manchmal auch applaudiert, wünscht sich die Rückkehr zur Normalität im Stadion. Mehrere Monate lang hatten die 96-Heimspiele kaum noch Spaß gemacht, weil sich der harte Kern der Fans mit Klubchef Kind überworfen hatte und den patriarchisch veranlagten Mann im Minutentakt zum Rücktritt aufforderte. Inzwischen konnte ein Burgfrieden geschlossen werden. Man beschimpft sich nicht mehr, sondern stärkt gemeinsam mit dem Otto-Normal-Stadionbesucher der eigenen Mannschaft wieder den Rücken.

Was ist in dieser Saison möglich?

Keine Wunderdinge. Die Mannschaft hat zwar Verstärkungen bekommen, vor denen die Mehrheit der anderen Erstligisten aber nicht gerade Angst haben dürfte. Außerdem müssen sowohl Trainer Frontzeck als auch der vielfach kritisierte Sportdirektor Dirk Dufner damit leben, dass sie bundesweit als Kandidaten für eine frühe Entlassung gehandelt werden. Klubchef Kind müht sich nach Kräften, die Zweifel an seinen beiden leitenden Angestellten zu zerstreuen. Aber angesichts dieser Gemengelage dürfte Hannover 96 Glück haben, wenn es gelingt, diese Bundesliga-Spielzeit im Niemandsland der Tabelle zu beenden, wie auch das schwache 0:1 (0:1) im letzten Testspiel am Samstag gegen den AFC Sunderland zeigte.

Und sonst?

Lassen zwei Personalien aufhorchen. Mit dem Franzosen Allan Saint-Maximin ist ein Offensivspieler verpflichtet worden, der Spaß machen könnte. Der 18-Jährige ist eine Leihgabe vom AS Monaco und scheint ein Mann zu sein, dessen Tricks und Finten als Bereicherung für die Liga taugen könnten. Er wäre damit die ideale Ergänzung zu Defensivkünstler Salif Sané. Der Mann aus dem Senegal, in der vergangenen Spielzeit aus disziplinarischen Gründen noch in die Amateurelf verbannt, gilt auch als Artist seiner Gilde. Ganz lange Beine, keinerlei Angst vor Flugeinlagen und einen großen Drang zur Selbstdarstellung: Sané ist der Hingucker im Team von Hannover 96. Das gilt auf dem Platz, aber auch auf dem Smartphone. Man sieht ihn in den sozialen Netzwerken singend, tanzend, Wasserpfeife rauchend oder Unterhosen vorführend.

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