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Joselu ist der teuerste Transfer in Hannovers Vereinsgeschichte.

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Bundesliga-Saisonvorschau (9): Hannover 96: Umbruch ohne Ultras

Am 22. August startet die Fußball-Bundesliga in ihre 52. Saison. In unserer Serie testen wir Stärken, Schwächen und Vorlieben der Vereine. Folge 9: Hannover 96.

Von Christian Otto

Was hat sich verbessert?

Offenbar das Spielsystem. Beim 3:1-Testspielsieg am vergangenen Sonntag gegen Lazio Rom hat sich gezeigt: Das schnelle Konterspiel, das der frühere 96-Trainer Mirko Slomka in den Köpfen seiner Spieler verankert hatte, wird von seinem Nachfolger Tayfun Korkut verfeinert. Ein großer Umbruch und der Verlust von zahlreichen routinierten Stammspielern wie Steven Cherundolo, Szabolcs Huszti und Didier Ya Konan erschwert die Arbeit, bietet aber Chancen. Eine jüngere Generation bekommt jetzt die Chance, Lücken zu schließen und die ambitionierten Vorgaben von Korkut zu erfüllen.

Wer sind die Stars?

Die größte Last ist auf zwei Schultern verteilt. Lars Stindl ist Kapitän, trägt das Trikot mit der Rückennummer 10 und soll die kreativen Impulse setzen. Den Rest der Verantwortung trägt der frisch gebackene Weltmeister Ron-Robert Zieler, der als erster Hannoveraner den WM-Pokal in die Luft stemmen durfte. Dass der Torhüter gerade seinen Vertrag bis 2017 verlängert hat, lässt viele Fans in Hannover aufatmen. Dass er weiterhin eine Ausstiegsklausel besitzt, ist ein dezenter Hinweis auf seine weitere Karriereplanung.

Wer hat das Sagen?

Die Machtpositionen sind klar verteilt. Obwohl sich Korkut als geradliniger Cheftrainer mit klaren Zielen präsentiert, hat Vereinspräsident Martin Kind stets das erste und letzte Wort. In der aktuellen Transferperiode soll Sportdirektor Dirk Dufner sein Können unter Beweis stellen. Er hat mit viel Geld und durchaus teuren Zugängen einen Umbruch vollzogen. Damit geht Korkut in seine erste Bundesligasaison, die er von Beginn an selbst verantworten muss. Unter dem strengen Regiment von Klubchef Kind ist das ein schwieriges Los.

Was erwarten die Fans?

Die Erwartungshaltung ist nach der vergangenen, eher enttäuschenden Saison (Platz zehn) nicht gesunken. Im Gegenteil: Der Großteil der Fans hofft auf einen einstelligen Tabellenplatz und nach zweijähriger Abstinenz auf den erneuten Einzug in die Europa League. Wie das ohne Ausnahmekönner wie den nach China abgewanderten Huszti gelingen soll, erscheint fraglich. Neun Zugänge aus aller Welt hat sich Hannover bisher geleistet. Allein für den Chilenen Miiko Albornoz, den Japaner Hiroshi Kiyotake und den Spanier Joselu sind rund zehn Millionen Euro an Ablösesummen bezahlt worden. Dass Stürmer Joselu der bisher teuerste Transfer in der Vereinsgeschichte ist, lässt aufhorchen – weil der Mann in der Bundesliga (Eintracht Frankfurt, TSG Hoffenheim) bisher noch gar nicht vollends etabliert war.

Was ist in dieser Saison möglich?

Selbst die Vereinsführung tut sich schwer damit, einen Europa-League-Platz als Ziel festzulegen. Offenbar versuchen die Verantwortlichen, den Druck von der Mannschaft fernzuhalten. Sie hätten damit aus vergangenen Fehlern gelernt, als Kinds Messlatte zu hoch lag. Der 70-Jährige war schon einmal so mutig, öffentlich darüber nachzudenken, dass Hannover eines Tages sogar in die Champions League gehöre.

Und sonst?

Der harte Kern der Fans und Kind sind heillos zerstritten. Deshalb könnte es passieren, dass es bei den Heimspielen in dieser Saison ungewöhnlich still bleibt. Das harte Durchgreifen der Vereinsführung gegen Pyrotechnik-Fanatiker, Raufbolde und Ignoranten der Stadionordnung hat dazu geführt, dass viele Ultras und deren Sympathisanten sich von der Profielf abwenden und nur noch das Amateurteam in der Regionalliga unterstützen. Dieser Abschied bewahrt Kind vor Krawallen in der Nordkurve, geht aber auch mit einem Verlust von scharfen Kritikern und so mancher stimmungsvollen Choreografie einher.

Morgen Folge 10: TSG Hoffenheim

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