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Was erlaube Präsident? Bei der sportlichen Zielvorgabe befinden sich Hannovers Trainer Mirko Slomka und Klubchef Martin Kind nicht unbedingt auf einer Linie.

© Reuters

Bundesliga-Vorschau, Teil 10: Hannover 96: Slomka und das Spiel mit den Grenzen

Am 9. August startet die Fußball-Bundesliga in ihre 51. Saison. In unserer Serie testen wir Stärken, Schwächen und Vorlieben der Vereine. Folge 10: Hannover 96: Die Niedersachsen stehen vor einer schweren Saison – auch weil Präsident Kind große Träume hat.

Von Christian Otto

Was hat sich verbessert?

Eindeutig das Klima. Das problembeladene Miteinander zwischen Trainer Mirko Slomka und Geschäftsführer Jörg Schmadtke hatte für ein Reizklima gesorgt, das von den Spielern als wunderbare Ausrede für Misserfolg benutzt werden konnte. Zum Start in die neue Saison lässt Slomka nur wenig Gelegenheiten aus, um die Zusammenarbeit mit seinem neuen Zuarbeiter Dirk Dufner zu loben. Schmadtke dagegen, der Slomka am Mittwoch auf einem internationalen Trainerkongress in Bremen begegnen durfte, hat sich schweigsam zum 1. FC Köln verabschiedet. Die Mehrheit der Verantwortung in Hannover muss jetzt Slomka schultern. Ob das eine Verbesserung ist?

Wer sind die Stars?

Hannover hat einen Torjäger zu bieten, der wenig spricht und für viele Schlagzeilen sorgt. Mame Diouf erträgt die Gerüchte darüber, dass sein Berater seit Wochen einen zahlungskräftigeren Verein für ihn sucht, mit Gelassenheit. Das könnte auch daran liegen, dass der Senegalese immer ganz cool bleibt. „Ich bin ein fauler Junge“, sagte Diouf, der kein Geheimnis daraus macht, dass er die Zeit zwischen Training und Spiel am liebsten auf seinem Sofa verbringt. Nach dem Abgang von Mohammed Abdellaoue (Stuttgart) und der Verletzung von Didier Ya Konan (Knieoperation) müssen alle Beteiligten in Hannover hoffen, dass Diouf bei seinen Ruhephasen auf dem Sofa genügend Kraft für die neue Saison sammeln konnte.

Wer hat das Sagen?

Das allerletzte Wort hat Martin Kind. Der Präsident besticht mit einer erstaunlichen Geradlinigkeit und legt die Hürde für seine Angestellten regelmäßig immer noch ein bisschen höher. „Wir haben uns auf unseren Reisen durch Europa in den vergangenen zwei Jahren sehr wohl gefühlt. Da wollen wir wieder hin“, sagt Slomka und hat ein durchaus ambitioniertes Saisonziel ausgegeben. Weil der weltweit erfolgreiche Unternehmer Kind ein Freund von Zielvorgaben und Reizpunkten ist, formuliert er andere Vorgaben. Es muss seiner Ansicht nach das Ziel von Hannover 96 sein, eines Tages auch in der Champions League zu spielen. Es sind Sätze wie diese, die selbst den coolsten Senegalesen auf dem heimischen Sofa kurz zusammenzucken lassen müssen.

Was erwarten die Fans?

Das ist schwer zu ergründen, weil es Streit unter den Anhängern gibt. Vielen Zuschauern, die mehr Lust auf Tore als auf Krawall haben, geht das Benehmen der Kundschaft in der Stadion-Nordkurve auf die Nerven. Hannover 96 überweist regelmäßig fünfstellige Beträge an die Europäische Fußball-Union und den Deutschen Fußball-Bund, weil sich ein Teil seiner Kundschaft nicht benehmen kann und auf Pyrotechnik im Stadion nicht verzichten mag. Das normale Publikum pfeift den lautstarken Teil des Publikums deshalb regelmäßig aus. Und der lautstarke Teil des Publikums beschimpft den eigenen Präsidenten mit Begriffen, die nicht jugendfrei und wenig sinnvoll sind. „Wer Verantwortung übernimmt, muss auch mit solchen Dingen leben“, findet der geschmähte Kind. Der Dialog zwischen den Problemfans und dem hart durchgreifenden Vereinschef ist zum Erliegen gekommen.

Was ist in dieser Saison möglich?

Es ist möglich, dass Slomka an seine Grenzen stößt. Seine Mannschaft befindet sich im Umbruch und ist nicht gerade durch Stars ergänzt worden. Der 19 Jahre alte Leonardo Bittencourt etwa, der sich in Dortmund nicht durchsetzen konnte, soll den routinierten Kreativspielern Jan Schlaudraff und Szabolcs Huszti in der Offensive Konkurrenz machen. Edgar Prib (Fürth) und Salif Sané (Nancy) sollen sich in der Bundesliga etablieren. Perspektivisch mag das richtig sein. Man darf solche Namen eben nur nicht gleich mit der Champions League in Verbindung bringen.

Und sonst?

Dank des Aufstiegs von Eintracht Braunschweig lebt eine niedersächsische Rivalität wieder auf, die nicht immer Spaß macht. Die Freundschaft von 96-Präsident Kind mit seinem Pendant Sebastian Ebel kann nichts daran ändern, dass sich die Anhänger ihrer Klubs wenig bis gar nicht mögen. Hannovers Kapitän Steven Cherundolo hatte sich davon anstecken lassen, als er sich im Mai öffentlich weigerte, der Eintracht zum Aufstieg zu gratulieren. Mittlerweile weiß der US-Amerikaner, dass diese Unfreundlichkeit nicht gerade zu einem niedersächsischen Burgfrieden beigetragen hat.

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