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Bundesliga: Werder ist wieder wer

Die Bremer Offensive arbeitet auch defensiv gut.

Thomas Schaaf gibt sich wie immer. „Wunderbar anzusehen“, sagt er. Es soll wohl ein Lob an seine Mannschaft sein, doch es ist mehr ein leises in sich hinein Grummeln. Den 6:0-Sieg beim SC Freiburg, den vorübergehenden Sprung an die Tabellenspitze der Fußball-Bundesliga – beides nimmt der Trainer von Werder Bremen so gelassen hin wie die Misserfolge der vergangenen Saison. Dass ein derart nüchterner Typ wie Schaaf solch’ zauberhaften Fußball kreieren kann, wie ihn sein Team in Freiburg zelebrierte, erstaunt immer wieder. Ebenso wie die Regelmäßigkeit, mit welcher der 58 Jahre alte Trainer und Werders Sportdirektor Klaus Allofs die Abgänge von hochklassigem Personal kompensieren.

Für Johan Micoud kam einst Diego. Und als der kleine Brasilianer nicht mehr wegzudenken war aus dem Bremer Spiel, aber trotzdem zu Juventus Turin wechselte, baute Schaaf auf die Youngster Mesut Özil, Marko Marin und Aaron Hunt. Eine finanziell vernünftige Lösung, wie immer bei Werder. Vor allem aber eine mit Weitsicht. Dabei nahmen Schaaf und Allofs bewusst in Kauf, dass eine positive Entwicklung der Jung-Nationalspieler ein wenig auf sich warten lassen könnte.

Nun scheint es anders zu kommen. Hunt, Marin und Özil sind schneller gereift als erwartet. Offensiv dürfte das Trio derzeit das Beste sein, was der deutsche Fußball zu bieten hat. Ihr Zusammenwirken auf dem Platz hat eine beeindruckende Selbstverständlichkeit, die Passfolgen sind so rasant wie ihre ständigen Positionswechsel für den Gegner verwirrend. „Wäre ich nicht Trainer des Gegners, hätte ich Beifall geklatscht“, sagt Robin Dutt, der Trainer des SC Freiburg. Seine Philosophie von Fußball ähnelt der seines Kollegen Schaaf. Auch Dutt setzt auf technisch anspruchsvollen Kombinationsfußball. Von Mauertaktiken hält er nichts. Auch nicht in ungleichen Duellen mit Gegnern wie Bremen.

Diesmal wurde Dutt und dem Sportclub ihr Mut zum Verhängnis. Nach den Toren von Hugo Almeida (2), Marin, Özil, Naldo und Markus Rosenberg blieb dem Freiburger Kapitän Heiko Butscher nur die Erkenntnis: „Vorne drin ist Bremen Weltklasse.“

Gleichzeitig hat der Abgang Diegos, so komisch es klingen mag, ein weiteres Problem gelöst. Hatte Werder vergangene Saison noch eine Flut an Gegentoren kassiert, so präsentiert sich die Abwehr nun stabil. Bereits zum siebten Mal in dieser Saison spielten die Bremer zu Null. Nicht etwa, weil sie defensiver agieren als zuvor. Özil, Marin und Hunt haben die Mannschaft nicht nur unberechenbarer im Spiel nach vorn gemacht. Alle drei sind auch deutlich williger als Diego, wenn es darum geht, sich bei gegnerischem Ballbesitz an der Abwehrarbeit zu beteiligen. Besonders Mesut Özil, der wohl begabteste unter Schaafs Zauberlehrlingen, betont immer wieder den Mannschaftsgedanken. „Alle haben mich toll unterstützt“, sagt er auch nach dem triumphalen Freiburg-Spiel. Özil, der an fünf Bremer Treffern beteiligt war, hält wenig davon, sich feiern zu lassen. Genau wie sein Trainer. „Wenn wir da oben stehen, dann ist es gut. Aber wir beschäftigen uns jetzt nicht damit“, stellt Thomas Schaaf abschließend klar. Nüchtern und gelassen.

René Kübler[Freiburg]

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