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Bundesliga: Winterpause: Warm oder kalt?

Wie sieht eine optimale Trainingssteuerung aus, damit der hochbezahlte Kader schnell wieder auf Touren kommt? Wie die Bundesliga mit der kurzen Pause umgeht.

Berlin - Eigentlich ist alles bestens. Thomas Schaaf, dessen Hang zur Perfektion intern geschätzt und gefürchtet wird, ist begeistert über die Bedingungen, die Werder Bremen derzeit am Persischen Golf vorfindet. Genau wie Bayern München ist der Pokalsieger zum Trainingslager in Dubai abgestiegen, um sich auf die alsbald beginnende Rückrunde vorzubereiten. Im Wüstenstaat herrschen nicht nur sommerliche Bedingungen, sondern auch andere Sitten und Bräuche. Jeder Wunsch wird den Gästen in ihren luxuriösen Hotels von den Lippen abgelesen. Wenn wie kürzlich bei den Bremern der Fahrer den Bus irgendwo verkeilt hat, wird Schaafs Entourage eben in Luxuslimousinen zum Trainingsplatz kutschiert; wenn ein bisschen Dreck auf dem Rasen liegt, wird dieser mit Staubsaugern entfernt. Trotzdem hat Thomas Schaaf etwas zu mäkeln. Die Winterpause ist ihm zu kurz. „Wir sind bei der neuen Regelung nicht in der Lage, unseren Spielern die Pausen zu geben, die sie brauchen“, sagt Werders Trainer.

So schön und gut die Gegebenheiten im Nahen Osten für die beiden Bundesligisten auch sind, es bleibt eine andere Frage: Ist ein Aufenthalt im warmen Süden wirklich sinnvoll, wenn nur fünf, sechs Tage später bei einem Temperaturunterschied von 30, 35 Grad gespielt werden muss? „So etwas ist kein trainingsphysiologisches Schnäppchen“, sagt der Fitnessexperte Oliver Schmidtlein, „sondern findet wohl eher aus kommerziellen Gründen statt.“ Der 44 Jahre alte Physiotherapeut, lange in Diensten der Nationalmannschaft und des FC Bayern, ist skeptisch, was ein Trainingslager in einer anderen Klimazone angeht, glaubt aber, dass die arg geschrumpfte Winterpause Chance wie Risiko bedeutet. „Wer in den freien Tagen seine Vorgaben befolgt hat, um die Grundlagenausdauer zu erhalten, sollte keine Schwierigkeiten bekommen“, sagt Schmidtlein. Ist die Pause länger, besteht immer die Gefahr, dass die Trainingsunterschiede innerhalb eines 25-köpfigen Kaders größer werden. Problematisch sei die neue Situation für Südamerikaner, die partout noch einen Heimflug einlegten. Dass der kolumbianische Torwart Faryd Mondragon (1. FC Köln) oder der brasilianische Stürmer Grafite (VfL Wolfsburg) die Feiertage in Deutschland verbrachten, sei nur vernünftig gewesen.

Doch wie sieht eine optimale Trainingssteuerung aus, damit der hochbezahlte Kader schnell wieder auf Touren kommt? Köln, Hannover und Freiburg legten gleich nach Weihnachten wieder los, Bayern und Werder bewusst erst mit der Abreise ins Winterquartier, um angesichts der bevorstehenden Terminhatz auch eine mentale Erholung zu gewähren. Freiburgs Trainer Robin Dutt entschied sich dagegen: „Länger freizugeben, wäre unprofessionell gewesen.“ Dafür sei die Sommerpause ja unendlich lang. Der gemeine Erstligist, dessen Spieler mit dem DFB-Pokalfinale (15. Mai), dem Champions-League-Endspiel (22. Mai) und der WM-Endrunde (11. Juni bis 11. Juli) nichts zu tun haben, bestreitet zwischen dem 8. Mai (letzter Bundesligaspieltag 2009/10) und dem 13. August (erste DFB-Pokal-Hauptrunde) kein Pflichtspiel. Auch deshalb sorgt sich Thomas Schaaf um das Produkt Fußball: „Wir müssen aufpassen, dass wir es nicht kaputt machen.“ Zur besten Fußballzeit rollt mehr als ein Vierteljahr kein Ball.

„Die Klubs betreten mit der kurzen Pause Neuland und suchen noch nach der besten Lösung“, sagt Holger Broich, der Leistungsdiagnostiker von Bayer Leverkusen. Dessen Profis mussten programmierte Pulsuhren in den Urlaub mitnehmen, damit wurde akribisch das auferlegte Erhaltungstraining überwacht. Broich ist zufrieden mit den Ergebnissen: „Im Grundlagenbereich müssen wir nicht mehr arbeiten.“ Der Herbstmeister ist genau wie Bochum, Hannover und Hoffenheim nicht vor der arktischen Kälte in Deutschland geflohen und trainiert in der Heimat. Man gewöhnt sich an von Rasenheizungen unzureichend aufgetauten Boden, trägt Mütze und Handschuhe bei den täglichen Einheiten – und ist dann besser gewappnet, wenn die Bundesliga am nächsten Wochenende auf die voraussichtlich vereiste Bühne bittet?

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