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Auf geht’s. Wieder einmal wird es von seinen Toren abhängen, wie Hertha BSC in und durch die Saison kommt.

© dpa

Bundesligaauftakt für Hertha BSC: Vedad Ibisevic - mit Anlauf zum Anführer

Der 32 Jahre alte Vedad Ibisevic ist für Hertha BSC als Stürmer und Kapitän wertvoller denn je. Das liegt auch an seinen Kollegen in der Offensive.

Am vergangenen Wochenende, beim Pokalspiel in Regensburg, ist Vedad Ibisevic in eine Situation geraten, in der er sich entscheiden musste, ob er in erster Linie Kapitän von Hertha BSC ist oder doch vor allem Stürmer. Der Bosnier befand sich ungedeckt in aussichtsreicher Position vor dem Tor, als Valentin Stocker mit dem Ball in den Regensburger Strafraum eindrang. Der Schweizer zögerte einen Moment zu lang, sein Gegenspieler bedrängte ihn, sodass die Flanke unerreichbar über Ibisevic hinwegflog.

Was vielen entgangen war: Stocker war gefoult worden, so dass Ibisevic kraft seines Amtes als Kapitän eigentlich beim Schiedsrichter für einen Elfmeter hätte plädieren müssen. Stattdessen schimpfte er auf Stocker. Eine bewusste Entscheidung – Kapitän oder Stürmer? – war das nicht. „Ich bin sowieso Stürmer“, sagt Ibisevic, „immer.“

Vor anderthalb Wochen hat Herthas Trainer Pal Dardai den eher ruhigen Fabian Lustenberger als Kapitän abgesetzt und durch den impulsiveren Ibisevic ersetzt. Die Personalie war ein großes Aufregerthema, denn natürlich ist eine solche Entscheidung nur anderthalb Wochen vor dem Bundesligaauftakt an diesem Sonntag gegen den Aufsteiger SC Freiburg (15.30 Uhr, live bei Sky) auch das Eingeständnis, dass während der Vorbereitung einiges schief- gelaufen ist.

Aber Dardai hatte das Gefühl, dass er etwas Grundsätzliches ändern muss, dass er einen anderen Typus in verantwortlicher Position braucht. Einen wie Ibisevic, der den nötigen Grell mitbringt, der wie kein Zweiter bei Hertha den unbedingten Siegeswillen verkörpert und Niederlagen als persönliche Beleidigung empfindet.

In Regensburg hat Ibisevic die Mannschaft zum ersten Mal als Kapitän aufs Feld geführt. „Er hat das gut gemacht“, sagt Dardai. „Er hat seine Persönlichkeit ein bisschen rausgenommen.“ Der Bosnier hatte in der Vergangenheit nicht immer die innigste Beziehung zu den Vertretern der Schiedsrichtergilde: Ibisevic fühlte sich oft ungerecht behandelt und hat seine aggressive Art als überhart sanktioniert empfunden. In Regensburg nun war zu sehen, dass das Amt auch eine disziplinierende Wirkung auf ihn ausübt.

Als sich in der ersten Halbzeit ein Rudel bildete, war Ibisevic nicht, wie in der Vergangenheit oft, mittendrin zu finden. Er hielt sich als stiller Beobachter am Rand auf und suchte das Gespräch mit dem Schiedsrichter erst, nachdem sich die Gemüter halbwegs beruhigt hatten. „Ich weiß nicht, ob es die Binde war. Vielleicht wirkt sie ein bisschen beruhigend“, sagt Ibisevic. „Sie tut mir auf jeden Fall gut.“

Der Bosnier ist Anfang des Monats 32 geworden, er ist der älteste Spieler in Herthas Kader, doch nach den Eindrücken der Vorbereitung ist er – unabhängig von seinem neuen Amt – noch ein bisschen wichtiger für den Berliner Fußball-Bundesligisten geworden. „Ich bin ja bekannt durch meine Tore, nicht unbedingt als Bindenträger“, sagt Ibisevic, der schon in der vergangenen Saison, seiner ersten in Berlin, zehn Tore für Hertha erzielt hat.

Effizienz ist Ibisevics zweiter Vorname

Seinen Wert hat auch das Spiel in Regensburg gezeigt. Dass Hertha gegen den Drittliga-Aufsteiger das Elfmeterschießen benötigte, um in die zweite Runde des DFB-Pokals einzuziehen, lag auch daran, dass die Berliner im Torabschluss, Ibisevic’ Kernkompetenz, erhebliche Mängel gezeigt hatten. „Wir müssen effektiver sein“, fordert Pal Dardai. Dass Fußballer beste Chancen auslassen, kommt immer wieder mal vor. „Wir dürfen nicht heulen“, sagt Herthas Trainer. „Wir müssen das einfach akzeptieren und weitermachen.“

So wie es Ibisevic vormacht. Effizienz ist gewissermaßen sein zweiter Vorname. Man muss ihn nur einmal im Training beobachten und gesehen haben, mit welcher Selbstverständlichkeit er dort das Tor trifft. „Vedad ist noch eine echte Nummer neun, er hat im Strafraum das Näschen“, sagt Manager Michael Preetz, der es in seinem früheren Leben als Stürmer zu Herthas Rekordtorschützen gebracht hat. „Die Vorbereitung hat gezeigt, dass er gut drauf ist. Er hat einen enormen Wert für unsere Mannschaft.“

In den ersten drei Pflichtspielen dieser Saison gingen zwei Drittel der Berliner Tore (zwei von drei) auf das Konto von Vedad Ibisevic. „Wir haben genug Qualität, um Tore zu erzielen“, sagt er. „Das ist jetzt nicht meine große Sorge.“ Aber seine Kollegen aus der Offensive haben sich in dieser Disziplin noch nicht hervorgetan.

Sami Allagui und Julian Schieber suchen nach ihren langen Verletzungen noch das Selbstverständnis, das Stürmer brauchen; auch Valentin Stocker hat in der Vorsaison kaum gespielt. Salomon Kalou wirkt im Moment ein wenig fahrig (was sich bei ihm aber auch schnell wieder ändern kann), und bei Genki Haraguchi ist die Streuung bei der finalen Aktion – Torschuss oder Vorbereitung – immer noch viel zu groß. Auch Neuzugang Alexander Esswein, der für das Spiel gegen Freiburg schon im Kader steht, ist bei seinen bisherigen Klubs nicht als Vollstrecker aufgefallen. „Es ist wichtig, dass auch die anderen ihren Torriecher finden“, sagt Pal Dardai. „Für Vedad alleine wird es schwierig.“

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