zum Hauptinhalt
Er lässt mich nicht im Regen stehen. Vereinspatron Walther Seinsch (l.) gibt seinem Trainer Jos Luhukay eine Jobgarantie, auch wenn alle 34 Spiele verloren gehen.

© dpa

Bundesligisten im Test (2): Der FC Augsburg will grüner punkten

Der FC Augsburg startet mit dem kleinsten Etat, aber neuem Selbstvertrauen in seine erste Bundesliga-Saison. Das Ziel ist klar formuliert: Abstiegskampf pur, alles andere wäre auch ganz großer Quatsch.

Am 5. August startet die Fußball-Bundesliga in ihre neue Saison. In unserer Serie testen wir täglich Stärken, Schwächen und Marotten der Vereine. Heute: Aufsteiger FC Augsburg.

Was hat sich verbessert?

Das Selbstbewusstsein. Ganz knapp, bevor dem FC Augsburg ein Ruf wie Fürth oder früher Mainz 05 drohte, entschloss sich der Klub doch noch zum erstmaligen Aufstieg in die Bundesliga. Als Tabellenzweiter hinter Hertha BSC, zwar punktgleich mit dem Relegationsplatz, jedoch mit dem besseren Torverhältnis gegenüber dem VfL Bochum. Seitdem sind alle Augsburger gefühlt um 1,20 Meter gewachsen, die ganze Stadt ordert Dauerkarten für die Erstliga-Spielzeit, bereits 17 500 Tickets hat der Klub abgesetzt – und den Verkauf gestoppt. Die sehnsuchtsvollen Blicke in die benachbarte Großstadt, ins erfolgsverwöhnte München, sind etwas seltener geworden.

Wer sind die Stars?

In Augsburg gibt es keine Stars, außer das Ensemble der hiesigen Puppenkiste vielleicht. Prägende Spieler heißen Uwe Möhrle, Nando Rafael oder Jan-Ingwer Callsen-Bracker, hinzu kommen Zugänge wie Sebastian Langkamp (Karlsruher SC), Dominic Peitz (Union Berlin) oder Sascha Mölders (FSV Frankfurt). Stürmer Michael Thurk ist zwar das bekannteste Gesicht – aber ein Star? Vielleicht noch eher Lorenzo Davids, der 13 Jahre jüngere Cousin von Edgar Davids, der zumindest aussieht wie ein großer Fußballer. Bleibt die Hoffnung auf den einen Hammerzugang, der die Mannschaft mitreißt und seine Mitspieler motiviert. „Wir jagen doch alle das große Phantom“, sagte Geschäftsführer Andreas Rettig zynisch: „Jung, deutsch und kostet nichts.“

Wer hat das Sagen im Verein?

Mächtigster Mann der Fußball-GmbH des Klubs ist Vorstandsboss und Vereinspatron Walther Seinsch. Der ist jedoch gesundheitlich seit einiger Zeit angeschlagen, konnte in der Aufstiegssaison nicht alle Spiele im Stadion verfolgen. Geschäftsführer Rettig und Trainer Jos Luhukay („Jos, we can“) haben den Aufstiegskader geformt und eine derzeit entsprechend starke Position. Luhukay wurde von Seinsch gar mit einer kuriosen Job-Garantie ausgestattet, selbst wenn Augsburg „alle 34 Spiele verliert“, dürfe er bleiben. Der Niederländer wird es nicht darauf ankommen lassen wollen.

Wie steht es um die Finanzen?

Mau. Mit nur 30 Millionen Euro hat der Klub den mickrigsten Etat der Liga. Rettig rechnet offen vor, dass der FC St. Pauli in der vergangenen Erstligasaison zehn Millionen Euro mehr zur Verfügung hatte – und trotzdem souverän abstieg. Zwei erfahrene Bundesligaprofis sollen bis zum Ligastart trotzdem noch kommen, für die Außenbahn und das zentrale Mittelfeld. Das Problem: Der FC Augsburg bräuchte gefühlt fünf oder sechs Spieler dieser Kategorie, um die Klasse zu halten.

Was die Fans erwarten, lesen Sie auf Seite 2.

Was erwarten die Fans?

Abstiegskampf pur, alles andere wäre auch ganz großer Quatsch. Was auch eine Umfrage des Lokalblatts „Augsburger Allgemeine“ belegt: Nur acht Prozent erwarten den FCA im gesicherten Mittelfeld, der Rest befürchtet den Abstiegskampf. Oder gar Schlimmeres. Trotzdem wollen alle Bundesliga sehen: Pünktlich zum Start des Einzelticketverkaufs an diesem Dienstag brachen die Telefonleitungen zusammen. Einzelne Fans standen bereits seit nachts um ein Uhr vor der Geschäftsstelle an. Nachts um eins! In Augsburg!

Was ist in dieser Saison möglich?

Der FC Augsburg braucht gewiss einen guten Saisonstart und die ein oder andere Überraschungsmannschaft, die sich spontan mit in den Keller gesellt. Die Testspiele geben bislang wenig Aufschluss über die Leistungsfähigkeit des Kaders – schließlich ging es meist gegen unterklassige Klubs aus der Region: 2:0 gegen den TSV Gersthofen, 5:0 gegen den FC Ismaning, 2:0 gegen den FC Memmingen, schließlich 15:1 gegen eine Auswahl von Freizeitkickern des Hauptsponsors. Trotz dieser Kaliber attestierte Trainer Luhukay hinterher: „Wir hatten große Schwierigkeiten, unsere Angriffe zu Ende zu bringen.“ Und blickte unheilvoll voraus: „In der Bundesliga bekommen wir vielleicht zwei oder drei Chancen. Da muss eine drin sein.“

Und sonst?

Wenn das Punkten auf dem Platz schon schwerfällt, dann wenigstens mit dem neuen Stadion: Das ist CO2-neutral, durch Wärmepumpen und Wasserkraft läuft der Betrieb so sparend wie möglich. Toll. Dafür gibt’s einen Punkt – zumindest einen grünen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false