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Das ist kein Banküberfall. Bremens Manager Klaus Allofs übt bei einem Fahrsicherheitstraining, wie man sich nicht aus der Bahn werfen lässt.

© dpa

Bundesligisten im Test (6): Werder Bremen: Die schwer Erziehbaren

Bremens neue Welt: Machtkämpfe in der Führung, dazu ein Haudrauf und eine Skandalnudel im Team - kann der schwer erziehbare Kader wieder vorne mitspielen?

Am 5. August startet die Fußball-Bundesliga in ihre neue Saison. In unserer Serie testen wir täglich Stärken, Schwächen und Marotten der Vereine. Heute: Werder Bremen.

Was hat sich verbessert?

Auch in größter Unruhe hat der Klub zuletzt kühlen Kopf bewahrt. In Wolfsburg gingen in schwierigen Zeiten zwei Trainer über Bord, in Stuttgart nahm (neben zwei Trainern) der Steuermann Erwin Staudt gerade Abschied, in Hamburg katapultierte es (neben einem Trainer) die Führungscrew mit Bernd Hoffmann und Katja Kraus über die Reling. Und in Bremen? Dort dürfen derselbe Cheftrainer und Vorstandschef weiterhin das Ruder führen. Thomas Schaaf und Klaus Allofs. Wie seit 1999. Doch die Zeiten sind unruhiger geworden, vor allem vor dem Hintergrund ausbleibender Einnahmen aus dem Europapokal.

Wer sind die Stars?

Noch immer bietet der einst größte Konkurrent des FC Bayern eine namhafte Belegschaft an. Mit Tim Wiese, der im Tor tatsächlich glaubt, so gut wie Manuel Neuer zu sein. Mit Per Mertesacker, ein kluger Kopf mit leider kaputter Ferse. Mit Nebenmann Naldo, seit einem Jahr mit kaputtem Knie allerdings auch außer Gefecht. Gesund sind andere: Marko Marin hätte alle Fähigkeiten, die stilprägende Identifikationsfigur zu werden. Vorne stellt Schlitzohr Claudio Pizarro – sofern nicht gerade wieder eine Muskelfaser gerissen ist – eine besondere Klasse dar. Die Frage ist noch, wer in Zukunft den Part von Torsten Frings übernimmt. Leihspieler Sokratis Papasthathopoulos hat sich zwar gerade die Frings-Nummer 22 ausgesucht, aber ein bissiger Chef auf dem Platz wird der schüchterne Grieche eher nicht. Dafür hat der 23-Jährige am Donnerstag bei seiner Vorstellung den schönen Satz gesagt: „Ich komme zu einem Verein, der kompetent und konkurrenzfähig ist.“

Wer hat das Sagen im Verein?

Das haben sich zuletzt selbst Chefideologen an der Weser gefragt. Eigentlich schien klar, dass Vorstandsboss Klaus Allofs niemand das Wasser reichen kann. War im Erfolgsfall auch so. Doch sein Gegenspieler und Vorgänger Willi Lemke hat den Machtkampf geprobt, indem er öffentlich auf den Sparzwang verwies und vorläufig einen Transferstopp verfügte. Der UN-Sonderbotschafter, Ex-Senator und Ex-Manager ist mit seinem Einfluss im Kontrollgremium nicht zu unterschätzen. Ohne sein Ja-Wort geht derzeit wenig.

Wie steht es um die Finanzen?

Die nächste gute Frage. Acht Jahre in Folge haben die Bremer grundsolide Bilanzen vorgelegt; stets kleine, feine Gewinne ausgewiesen. Der Jahresumsatz betrug zuletzt 126 Millionen – aber auch nur, weil Werder wie in sechs der sieben vergangenen Jahre ordentlich Geld aus der Champions League abgezweigt hat. „Uns fehlen 25 Millionen Euro aus der Königsklasse“, räumt Allofs ein, „und wir haben keinen Mesut Özil verkauft, das ist eine ganz einfache Rechnung." Ergo müsse man sparen, sparen und sparen. Und vielleicht gegen Ende der Transferperiode noch einen Hochkaräter vom Kaliber Wiese, Mertesacker oder Marin verkaufen. Unklar ist, inwieweit der sündhaft teure Stadionumbau (Kostenpunkt 76 Millionen Euro) die Bremer Finanzkraft wirklich belastet.

Was erwarten die Fans?

Der Fanbeauftragte Dieter Zeiffer ist tiefenentspannt. „Der Bremer Fan vertraut Thomas Schaaf und Klaus Allofs total. Internationaler Fußball wäre schön, aber unsere Anhänger sind bodenständig und wissen um die natürlichen Gegebenheiten.“ Soll heißen: Die Erwartungen sind eher gering. Zeiffer sagt: „Die meisten sind froh, wenn wir nicht wieder in den Abstiegskampf rutschen.“ Die treuen Dauerkarteninhaber auf der Südtribüne erwarten in Wirklichkeit aber ein bisschen mehr.

Was ist in dieser Saison möglich?

Nur wenn alle Stars bei Kräften sind, kann der SV Werder wirklich wieder vorne mitspielen. Und wenn alle zusammenhalten. Doch niemand weiß, wann Naldo oder Mertesacker, Mikael Silvestre oder Sebastian Prödl wieder zurückkommen; keiner kann vorhersagen, ob sich dieser schwer erziehbare Kader wirklich zähmen lässt. Und eine Abwehr, in der ein Haudrauf wie Andreas Wolf den Ton angeben muss, wirkt nicht gerade vertrauenserweckend.

Und sonst?

Schauen viele auf Skandalnudel Marko Arnautovic. Er steht symbolisch für die grün-weiße Gratwanderung, hat gerade im Testspiel in Freiburg zwei schöne Tore geschossen und strengt sich im Training an. Das sah im Trainingslager in Donaueschingen richtig gut aus. Aber der 22-jährige Exzentriker hatte davor in einer österreichischen Zeitschrift lieber über Autos, Schuhe und Silikonbrüste fabuliert. Das kam weniger gut an.

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