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Sport: Butterweicher Rasen

Bei der WM häufen sich die Beschwerden der Spieler

Berlin - Lukas Podolski fand wieder einmal die blumigsten Worte. Den Rasen im Dortmunder WM-Stadion beschrieb der deutsche Stürmer so: „Eine Katastrophe – unten hart und oben weich wie Butter.“ Die Beschwerden der Spieler über ihre Arbeitsgrundlage häufen sich nach der ersten WM-Woche. „Der Rasen ist extrem stumpf, man kann kaum dribbeln“, sagt etwa Nationalmannschafts-Kapitän Michael Ballack. Für die Zuschauer sind die Probleme deutlich sichtbar: Oft rutschen Spieler beim Flanken oder der Ballannahme aus. In einigen Stadien weist das Grün braune Flecken auf, besonders in Arenen mit direkter Sonneneinstrahlung wie Frankfurt am Main und Leipzig. Der niederländische Coach Marco van Basten bezeichnete den Rasen in Leipzig nach dem Spiel gegen Serbien-Montenegro als „schlecht für den Fußball, besonders für die angreifende Mannschaft“.

Rainer Ernst, der Rasenchef der Weltmeisterschaft, macht das trockene, heiße Wetter verantwortlich. „Wir tun, was wir können und wässern Nacht für Nacht alle Spielflächen“, sagt Ernst. 15 Liter künstlicher Regen gehen in einer Bewässerungsstunde pro Quadratmeter Rasen nieder. „So stellen wir sicher, dass auch der Unterboden nass wird, damit die Graswurzeln unten festwachsen“, berichtet Ernst. Für einige „Betriebsabläufe“, wie das der Rasenchef nennt, möchte er aber nicht verantwortlich gemacht werden. So hatten der Fußballweltverband Fifa und das deutsche Organisationskomitee (OK) vor dem Turnier festgelegt, dass fünf Stunden vor jedem Anpfiff nicht mehr gesprengt werden darf.

Angesichts der vielstimmigen Proteste rückten die WM-Planer am Donnerstag von dieser Vorgabe ab. Hatten sie zuvor noch jede Kritik zurückgewiesen, sagte nun OK-Vizepräsident Wolfgang Niersbach: „Es gibt jetzt eine Anweisung, dass die Verantwortlichen vor Ort entscheiden können, ob der Rasen kurzfristig bewässert wird.“ Wasserzufuhr vor Spielbeginn ist nun also möglich. In den Halbzeitpausen gehen Greenkeeper über die Plätze und drücken lockere Stellen fest.

Nie zuvor bei einer Weltmeisterschaft ist der Rasen so perfektionistisch gezüchtet worden. Sogar die Eröffnungsgala im Berliner Olympiastadion wurde aus angeblicher Furcht um die Grashalme überraschend abgesagt. Ein so genanntes „Rasenkompetenzteam“ hatte schon Monate vor der Weltmeisterschaft den Stadionrasen an einem geheimen Ort in den Niederlanden angepflanzt – die Mischung aus 75 Prozent Wiesenrispe und 25 Prozent Weidelgras wurde von den Experten als besonders stabil gepriesen. Nach dem Pflichtenheft der Fifa sollen die Halme eine Höhe von exakt 28 Millimetern aufweisen.

Die Stadionbetreiber mussten außerdem ein „Rasennotprogramm“ entwerfen, falls sich die Situation während des Turniers „drastisch verschlechtert“. Noch aber versuchen die Spezialisten, die Ruhe zu bewahren. „Wir pflegen das Gras, so gut wir können“, sagt der Landschaftsarchitekt Ernst. Über die Kritik tröstet er sich hinweg: „Spieler regen sich gerne über den Rasen auf, das ist in der Bezirksliga nicht anders als bei einer Weltmeisterschaft.“

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