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Sport: „Chambers ist faszinierend“

NFL-Europa-Chef Uwe Bergheim über die Ziele der Liga und die Rückkehr eines Dopingsünders

Herr Bergheim, Sie sind von Hause aus Fußballer. Als neuer NFL-Europa-Chef sollen Sie American Football vermarkten. Wo steht der Sport im Vergleich zum Fußball?

Was die Zuschauerzahlen in den Stadien betrifft, sind wir schon die Nummer zwei. Neben Bundesliga-Fußball sind wir der größte Outdoor-Sport in Deutschland. Aber im Bewusstsein der Bevölkerung sind wir noch keine klare Nummer zwei. Das jedoch muss langfristig die Zielsetzung sein, damit das Fernsehen über uns berichtet. Wir haben Detailerfolge erzielt, etwa in Frankfurt, wo das Medieninteresse sehr groß ist, und in Düsseldorf.

In der vergangenen Saison war das Zuschauerinteresse rückläufig – minus sechs Prozent. Für 2007 kalkulieren die Teams wieder mit besseren Zahlen. Die Sea Devils in Hamburg hatten 2006 einen Schnitt von 15.000 Zuschauern, rechnen für 2007 aber mit 20 000. Ist das realistisch?

Wir mussten 2006 wegen der Fußball-WM vier Wochen früher in die Saison starten, weil die Stadien im Juni belegt waren. Den langen Winter im vergangenen Jahr haben wir besonders zu spüren bekommen. Schon dieses Wochenende ist es freundlicher.

Die Liga wird noch deutscher. Das fängt mit Ihnen an. Sie sind der erste Deutsche auf dem Chefsessel. Die Liga-Zentrale ist von London nach Frankfurt am Main umgezogen, die NFL Europe heißt jetzt NFL Europa. Wäre es nicht angebracht, von der NFL Germany zu reden?

Bei fünf Teams in Deutschland und einer Mannschaft in Holland ist es ja ersichtlich, dass wir den Kern unserer Aktivitäten in Deutschland haben. Die Idee von der NFL Europa ist damit aber nicht gestorben. Wir wollen zuerst in einem Markt den Durchbruch schaffen.

Die NFL ist die erfolgreichste Sportliga der Welt, die NFL Europa bleibt ein Zuschussgeschäft. In der vergangenen Saison hatte die Liga Verluste von 30 Millionen Euro. Bis wann soll die europäische Tochter Gewinne erwirtschaften?

Unsere Budgets sind bis 2010 von der NFL abgesegnet. Bis dahin werden wir allerdings nicht profitabel sein.

Warum ist das Interesse an American Football in Deutschland größer als etwa in England oder Spanien?

Den Markt in Spanien oder England kann ich nicht beurteilen. Bei Teams in Deutschland finden Sie mehr Fans, weil die Situation eine ganz besondere ist, die Spiele haben Derby-Charakter.

Der NFL Europa fehlen die ganz großen Namen. Bei den Sea Devils in Hamburg spielen jetzt John David Washington, Sohn von Hollywood-Star Denzel Washington, und der britische Ex-Sprintstar Dwain Chambers. Etwas Glamour für die Liga?

Beide sind prominent, wenngleich noch nicht wegen ihrer Football-Künste. Der eine wegen seines Vaters, der andere, weil er ein exzellenter Sprinter war...

...mit Doping-Vergangenheit…

Das ist eine Geschichte, die über unseren Sport hinausgeht, wie die Doping-Diskussion in Deutschland zeigt. Das ist kein NFL-Stigma, sondern ein gesellschaftliches Problem.

Aber ist Chambers ein Footballer?

Wir müssen abwarten, ob beide Spieler auf dem Platz ihren Mann stehen. Davon wird abhängen, ob sie auch noch nächstes Jahr als Stars gelten. Wir haben im Trainingscamp in Florida die besten Spieler für die NFL Europa ausgesucht. Wenn Sie sehen, mit welch unglaublicher Geschwindigkeit Chambers unterwegs ist, das ist faszinierend. Er muss nur noch das Fangen verbessern, dann er kann er ein sehr guter Wide Receiver werden, der kaum zu halten ist. Und dass John David Washington der Sohn von Denzel Washington ist, hätte sicher auch nicht ausgereicht, wenn er nicht sportlich überzeugt hätte.

Das Gespräch führte Gero Lawecki.

Uwe Bergheim, 50, ist seit September 2006 Managing Director der NFL Europa. Bis Ende 2005 war Bergheim Vorstandschef beim Mobilfunk-Unternehmen E-Plus.

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