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Sport: ChampCar: Wo Autogramme dazugehören

Die Hände hält Helio Castroneves unter dem Tisch. Nur einmal faltet er sie für jedermann sichtbar zusammen, lässt einen Blick auf den linken Ringfinger zu.

Die Hände hält Helio Castroneves unter dem Tisch. Nur einmal faltet er sie für jedermann sichtbar zusammen, lässt einen Blick auf den linken Ringfinger zu. Da blitzt ein dicker Goldring, mit fünf Diamanten, als äußeres Zeichen für einen berühmten Rennfahrer. Seit seinem Sieg beim legendären "Indy 500" in diesem Jahr kennen den 26-jährigen Brasilianer zumindest auf dem amerikanischen Kontinent alle Rennsport-Fans. "Jeder Diamant steht für 100 Meilen", erklärt er schnell, berichtet dann offensichtlich viel lieber von seinen "besonderen Gefühlen während des Rennen über dreieinhalb Stunden". Castroneves ist einer von jenen, die ihre Emotionen nicht verstecken. Und das kommt auf allen Rennstrecken gut an. In der ChampCar-Szene, zu der das "Indy 500"-Spektakel nicht gehört, wird Castroneves als "Spiderman" bezeichnet. "Den Namen hatte ich weg, als ich nach meinem ersten ChampCar-Sieg im vergangenen Jahr in Detroit mitten auf der Strecke anhielt, auf einen meterhohen Zaun kletterte und den heißblütigen Fans zujubelte", erzählt der in Florida lebende Mann aus Sao Paulo.

In den Aussagen und im Verhalten von Helio Castroneves spiegelt sich das wider, was ChampCar auch ganz wesentlich von der Formel 1 unterscheidet: Große Fahrer geben sich bescheiden, sind zugänglich, und ihr Sport zeichnet sich durch permanente Spannung auf höchstem Niveau aus. Auch die Fahrer der anderen Teams sind keine abgeschotteten Millionäre, die nur eins im Sinn haben: nichts zu sagen. Gemeinsam mit Gil de Ferran, einem in Paris geborenen Brasilianer, möchte Castroneves die andere Seite bis zum Sonnabend erstmals auch den Deutschen auf dem EuroSpeedway zeigen. Sie werden Autogramme schreiben, nicht als Pflichtübung, sondern weil sie diesen offiziellen Termin als einen wichtigen Teil einer ChampCar-Veranstaltung empfinden.

Beide Fahrer im Honda-Reynard von Roger Penske, vom Outfit leicht mit Ferrari in der Formel 1 zu verwechseln, zählen bei den "German 500" auf dem 3,2 km langen Superspeedway (Zwei-Meilen-Trioval) in der Lausitz zu den Favoriten. In der Gesamtwertung nach 16 von 21 Läufen führt der Titelverteidiger de Ferran (115) vor den punktgleichen Castroneves und dem Schweden Kenny Brack (je 110) im Ford Lola aus dem Team von Bobby Rehal. Wenn Oscar-Preisträger Paul Newman den berühmten Satz "Gentleman, start your engine" spricht, die mit Menthol betriebenen Achtzylinder-Turbomotoren mit der Kraft von 850 Pferdestärken arbeiten, dann wird kaum noch jemand an den ebenfalls an diesem Wochenende stattfindenden Formel-1-Grand-Prix in Monza denken. "Ich bin schon ein Fan dieser Szene, vor allem, was die Technik anbelangt" sagt Gil de Ferran, "aber wir stehen überhaupt nicht im Schatten dieser Fahrer."

Er gibt zu, als Bursche davon geträumt zu haben, den Ruhm eines Fittipaldi, Piquet oder sogar eines Senna zu erreichen, "doch das Thema Formel 1 hat sich für mich erledigt. Die Brasilianer lieben auch uns ChamCar-Fahrer", sagt de Ferran und schaut einige Sekunden hinunter - auf den Ring von Helio Castroneves.

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