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Sport: ChampCars: Warten auf Andretti

In Box 34 tut sich nichts. Nebenan wird emsig geschraubt, aber in Nummer 34 stehen die fünf Mechaniker vom Team Motorola rat- und tatenlos herum.

In Box 34 tut sich nichts. Nebenan wird emsig geschraubt, aber in Nummer 34 stehen die fünf Mechaniker vom Team Motorola rat- und tatenlos herum. Vor ihnen ist der Honda Reynard mit dem Schriftzug "Michael Andretti" aufgebockt. Michael Andretti ist derzeit noch in Amerika, und keiner weiß, ob er noch rechtzeitig zur Europa-Premiere der US-ChampCar-Serie eintreffen wird. Das Rennen soll am Samstag auf dem EuroSpeedway in der Lausitz gestartet werden, und Michael Andretti hat sich zwar aus den USA gemeldet, er würde gemeinsam mit den Teamchefs Berry Green und Carl Haas ein Flugzeug nach Europa chartern. Doch am Tag nach dem Attentat von New York ist nicht sicher, ob der 38-jährige Favorit aus Pennsylvania denn wirklich kommen wird. Wer will in diesen Tagen in Amerika schon ein Flugzeug besteigen?

Die ChampCar-Serie ist eine nahezu ausschließlich amerikanische Veranstaltung. Etwa 2000 Amerikaner halten sich bereits in der Lausitz auf, Begleittross dieser in den Vereinigten Staaten enorm beliebten Motorsportvariante. Eine absurde Stimmung liegt über dem Ring, die Musik, die sonst immer aus den Boxen in den Werkstätten schallt, ist abgestellt, die Gesichter der Mechaniker sind ernst, und doch flüchten sie sich in Aktionismus. Gerade so, als wollten sie sagen, wenn wir schon hier drüben sind, dann ist es besser zu arbeiten, als in Depressionen zu verfallen.

Nach großen Erklärungen, die letztlich auch Einblicke in das Gefühlsleben nach den schrecklichen Ereignissen am Vortag in ihrer Heimat geben könnten, ist ihnen aber nicht zumute. Auf der offiziellen Pressekonferenz, auf der viele Fahrer vorgestellt wurden, fehlte am Mittwoch nicht nur Michael Andretti. Bryan Herta, Jimmy Vasser und Memo Gidley waren ebenso abwesend, es fehlten also alle Fahrer aus den USA. Sie blieben lieber im Hotel in Dresden. Jeder war auf seine Weise damit beschäftigt, das Trauma von New York und Washington zu verarbeiten.

Bis zum gestrigen Mittwoch gingen alle ChampCar-Teams davon aus, dass die Europa-Premiere in der Lausitz nicht abgesagt wird. Joseph F. Heitzler, als Präsident der Cart-Vereinigung in den Vereinigten Staaten von der Stellung her in etwa mit dem allmächtigen Formel-1-Boss Bernie Ecclestone vergleichbar, sagte: "Wir fahren, solange aus den USA keine anderen Signale kommen." Was jederzeit noch passieren kann. "Wir sind doch keine Klötze, die gefühllos etwas durchziehen wollen", sagt EuroSpeedway-Geschäftsführer Hans-Jörg Fischer. Aber "bislang gibt es aus der US-Botschaft noch keine Aufforderung dazu".

Das mag damit zusammenhängen, dass die US-Botschaft derzeit auch anderes zu tun hat, als sich um die Absage eines Autorennens in der brandenburgischen Provinz zu kümmern. Warum also sollte sie diese Entscheidung nicht den Veranstaltern überlassen? Weil die sich bislang hinter den amerikanischen Managern der Serie verstecken, machte am Mittwoch ein böser Verdacht die Runde um den Ring. Könnte es sein, dass kalte Geschäftsinteressen den Start oder die Absage beeinflussen? Für den Ausfall der Veranstaltung wegen heftiger Regenfälle am Sonnabend oder am Ersatztag Sonntag gibt es eine entsprechende Versicherung. Für eine Absage auf Grund höherer Gewalt gibt es nichts - und darunter fallen die Gewalttaten von New York. Wer auf Pietät hofft, der wird zum Wochenende für heftige Regenfälle beten. Dann würde das Rennen ausfallen.

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